Bauwillige Eigentümer tragen sämtliche Kosten

Barrierefreiheit im WEG – Was der Verwalter beachten sollte

Eines der gesetzgeberischen Ziele der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes war es, den Wohnungseigentümern durch eine Erleichterung der Beschlussfassung über bauliche Veränderungen auch die Schaffung der Barrierefreiheit zu ermöglichen.

Die Barrierefreiheit

§ 20 Abs. 2 Nr. 1 WEG sieht vor, dass jeder Eigentümer eine angemessene bauliche Veränderung verlangen kann, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient. Es handelt sich um eine privilegierte bauliche Veränderung, auf die jeder Eigentümer einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch hat. Ausreichend ist allein, dass die Maßnahme für die Schaffung der Barrierefreiheit förderlich ist. Auf ein körperliches Gebrechen des Bauwilligen kommt es nicht an. So ist z.B. der Bau einer Rampe auch dann zu gewähren, wenn der Bauwillige diese für den Kinderwagen nutzt.

Die Beschlussfassung über Maßnahmen der Barrierefreiheit

Wie bei allen privilegierten Maßnahmen ist zwischen dem Anspruch des Eigentümers auf Fassung eines Mehrheitsbeschlusses (der „Ob-Beschluss“) und dem Ermessen der Wohnungseigentümer hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Maßnahme (der „Wie“-Beschluss) zu unterscheiden.

a. Der Ob-Beschluss

Da der Anspruch des Eigentümers auf die Gewährung einer Maßnahme zur Schaffung von Barrierefreiheit in der Regel gegeben sein wird, sollte der Verwalter darauf hinwirken, dass der Beschluss über die grundsätzliche Gewährung als Mehrheitsbeschluss gefasst wird. Die Eigentümer können lediglich darüber entscheiden, ob sie die Maßnahme selbst durchführen wollen oder dies dem Eigentümer gestatten.

b. Der Wie-Beschluss

Neben der grundsätzlichen Genehmigung haben die Eigentümer in einem weiteren Beschluss ihr Ermessen hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Maßnahme auszuüben. Die Eigentümer können daher bestimmen, wie die Maßnahme aussehen soll, welche Materialien zu verwenden und welche Ausführungsfristen zu beachten sind. Darüber hinaus können sie weitere Auflagen, etwa das Einholen bauordnungsrechtlicher Genehmigungen oder das Stellen einer Kaution für einen späteren Rückbau festlegen. Da es sich in der Regel um eine Maßnahme handelt, die von dem bauwilligen Eigentümer begehrt wird und auch von diesem durchgeführt werden sollen, hat der Eigentümer dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche entscheidungsrelevanten Informationen den Eigentümern vor der Versammlung zur Verfügung gestellt werden. In der Regel wird der Eigentümer ein Angebot einholen, aus dem sich die konkrete Ausgestaltung ergibt und auf das im Rahmen der Beschlussfassung zur Konkretisierung der Maßnahme verwiesen werden kann und muss.

Begehrte Maßnahme muss angemessen sein

Für den Verwalter ratsam ist es jedoch immer, sich hinsichtlich der begehrten Maßnahme vor der Versammlung kundig zu machen, um etwaige Alternativmöglichkeiten mit den Eigentümern erörtern zu können, wenn der vom Bauwilligen vorbereitete Vorschlag keine Mehrheit findet.

Die begehrte Maßnahme muss angemessen sein, was die Wohnungseigentümer über die Ausübung ihres Ermessens hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung korrigieren können, und darf keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage nach sich ziehen oder einen Eigentümer den anderen gegenüber unbillig benachteiligen, § 20 Abs. 4 WEG. Die sogenannte Veränderungssperre dürfte jedoch nur in sehr seltenen Grenzfällen überhaupt zum Tragen kommen.

Eigentümer tragen Kosten

Die Kosten der Maßnahme müssen nicht beschlossen werden, da sich die Kostenlast aus § 21 Abs. 1 S. 1 WEG ergibt, wonach der bauwillige Eigentümer sämtliche Kosten der Maßnahme (Kosten der Errichtung, Erhaltungskosten und auch Kosten des Rückbaus) zu tragen hat.

Sowohl der Genehmigungsbeschluss als auch die sich daraus ergebende Pflicht zur Kostentragung nach § 21 WEG wirken auch für und gegen Sondernachfolger.

Cathrin Fuhrländer - fuhrlaender@wir-jennissen.de

Quelle: BVI-Magazin Ausgabe 03/2021

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