Interview mit Dr. Jan-Marco Luczak, MdB

„Dass die Bauministerin an ihren Bauzielen festhält, grenzt an Realitätsverweigerung“

Der wohn- und baupolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion über die Sichtbarkeit des neuen Bauministeriums, die stockende Sanierungsförderung und die gesellschaftliche Bedeutung altersgerechter Gebäudemodernisierung.

BVI-Magazin: Herr Dr. Luczak, die Wohnungs- und Baupolitik ist seit Dezember letzten Jahres (wieder) in einem eigenen Ministerium organisiert. Doch erst seit Oktober 2022, nach zehn Monaten, gibt es auf der Website des BMWSB ein erstes Organigramm, in dem noch viele Ansprechpartner und Kontaktdaten für die Immobilienbranche fehlen. Es entsteht der Eindruck, das Ministerium sei mehr mit dem eigenen Aufbau beschäftigt als mit dem Bau von Wohnungen und der Förderung des Wohneigentums. Wäre es aus Ihrer Sicht besser gewesen, die Zuständigkeit für Bauen und Wohnen im Innenministerium zu belassen wie in der vergangenen Legislaturperiode, als die CDU/CSU regiert hat?

Dr. Jan-Marco Luczak: Um dem Thema Bauen und Wohnen mehr Sichtbarkeit zu geben, halte ich die Einrichtung eines eigenen Bauministeriums für richtig. Doch Sichtbarkeit allein reicht nicht – ein Ministerium braucht auch die entsprechenden Kompetenzen und Haushaltsmittel. Statt Zuständigkeiten zu bekommen, musste das BMWSB Zuständigkeiten etwa beim Bundesbau abgeben. Die Zuständigkeit für die energetische Neubauförderung bringt wenig, wenn sie nicht mit ausreichend Haushaltsmitteln hinterlegt wird. Diese fehlen. Das Thema Bau hat bei der Ampel leider keine Priorität.

BVI-Magazin: Derzeit gefährden die Energiekrise und die Preisexplosionen bei den Baukosten sowie Lieferengpässe, Materialknappheit und der Fachkräftemangel die Ertüchtigung des Gebäudebestands. Hinzu kommt das Durcheinander bei den Programmen zur Förderung der Energieeffizienz von Häusern. Dies betrifft besonders unsere Mitglieder als Bestandsverwalter. Was wäre jetzt aus Ihrer Sicht zu tun, um gegenzusteuern, damit notwendige Maßnahmen für Gebäude nicht unterbleiben?

„Jeder für sich, keiner für alle“

Dr. Jan-Marco Luczak: Wir brauchen eine auskömmliche und verlässliche Förderkulisse sowie genügend Fachkräfte, die Energiekosten müssen runter und es muss schneller gebaut werden. Angesichts gebrochener Lieferketten müssen Abkommen wie CETA schnell ratifiziert werden. Die Ampel tritt leider bei allem auf die Bremse. Dass die Bauministerin vor diesem Hintergrund noch an ihren Bauzielen festhält, grenzt an Realitätsverweigerung. Die genannten Themen laufen nicht alle im Bauministerium zusammen, daher wäre Frau Geywitz auf die Unterstützung ihrer Ministerkollegen angewiesen, die sie aber offenkundig nicht erhält. Die Probleme im Bauministerium stehen also stellvertretend für die Interessenkonflikte innerhalb der Ampel: jeder für sich, keiner für alle.

BVI-Magazin: Für die Energiewende von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist die Reduzierung der CO2-Emissionen im Gebäudebestand. Dennoch ist die Quote für dessen Sanierung nach wie vor unbefriedigend. Das liegt auch an der finanziell hohen Belastung für WEG-Eigentümer, die für die ständig verschärften energetischen Standards nicht genügend Rücklagen bilden können – im Gegensatz zu Mietern, die keine derartigen finanziellen Belastungen schultern müssen. Nun kommen noch die Energiekrise und der gestiegene Leitzins hinzu, die die Preise zusätzlich nach oben treiben. Wie lassen sich Bezahlbarkeit und Klimaschutz von Gebäuden langfristig vereinbaren, auch mit Blick auf die kommenden Sanierungspflichten, die die Europäische Union anstrebt?

Dr. Jan-Marco Luczak: Die Sanierungsquoten sind auch so gering, weil die Ampel die Sanierungsförderung deutlich zurückgefahren hat. Mit dem Förderchaos hat sie Planungssicherheit zerstört. Sanierungs- und Bauwilligen werden immer weitere finanzielle Lasten auferlegt. Klimaschutz und bezahlbares Wohnen lassen sich jedoch nur vereinen, wenn diejenigen, die in die Energieeffizienz der Gebäude investieren sollen, angemessen staatlich unterstützt werden, etwa über bessere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten und eine verlässliche Fördersystematik. Zudem muss die Politik dafür Sorge tragen, dass jeder, der CO2 emittiert, auch für die dadurch entstandenen Kosten geradesteht.

BVI-Magazin: Die Fördermittel für privilegierte Maßnahmen nach dem Wohnungseigentumsgesetz sind ausgeschöpft. Dabei müssen solche Maßnahmen, die für die Erhöhung des Wohnkomforts und das selbstständige Wohnen im Alter von hoher Wichtigkeit sind, für Eigentümer und Verwalter langfristig planbar sein. Wie müsste eine Förderung aussehen, die eine dauerhafte Finanzierung solcher Maßnahmen über die nächsten Jahre sicherstellt – Stichwort zinsgünstige Kredite?

Dr. Jan-Marco Luczak: Alters- und gesundheitsgerechtes Bauen ist von zentraler gesellschaftlicher Bedeutung, damit Räume auch mit dem Rollator oder Kinderwagen zu erreichen sind. Menschen sollten nicht wegen fehlender Barrierefreiheit aus ihrer Wohnung ausziehen müssen. Die Ampel hat auch hier die Mittel im Haushalt 2023 stark gekürzt. Daher fordern wir als Union eine deutliche Aufstockung der Förderung bzw. die Bereitstellung neuer Mittel. Das BMWSB will hier zwar ein neues Programm aufstellen, aber wie zuvor wird auch dieses schnell wieder erschöpft sein. Bei zinsverbilligten Krediten reichen die Mittel natürlich länger und erreichen mehr Menschen. Aber eine Kreditverbilligung ist auch unattraktiver als ein Zuschuss, den man nicht zurückzahlen muss. Sicherlich sind Änderungen im Programm sinnvoll, wodurch die Förderung nicht so schnell ausläuft. Aber Grundlage muss sein, dass genügend Geld im Haushalt vorhanden ist.

BVI-Magazin: Für den Herbst hat die Koalition ein Programm zur Förderung des Wohneigentums angekündigt. Welche Maßnahmen muss es aus Ihrer Sicht konkret enthalten?

„Zum echten Sachkundenachweis hat die Ampel noch nichts vorgelegt“

Dr. Jan-Marco Luczak: Wir haben als CDU/CSU-Bundestagsfraktion bereits im Frühjahr einen Antrag mit ganz konkreten Maßnahmen für eine bessere Wohneigentumsförderung vorgelegt. Den Ländern sollte ermöglicht werden, beim Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von 250.000 Euro pro Erwachsenem und 150.000 Euro pro Kind einzuführen. Familien, deren Bauvorhaben bereits genehmigt sind, sollten das Baukindergeld erhalten, auch wenn sie erst 2023 in ihr Eigenheim einziehen. Da das Baukindergeld ausläuft, braucht es eine Neubauförderung für den erstmaligen Erwerb selbstgenutzter Immobilien – besonders für Familien mit geringen und mittleren Einkommen mindestens in einer ähnlichen Größenordnung. Hierzu sollte das KfW-Wohneigentumsprogramm ausgeweitet oder staatlich abgesicherte Mietkaufmodelle entwickelt werden, die Kriterien wie die Anzahl der Kinder, Einkommensverhältnisse sowie Gestaltungsmerkmale wie flexible Grundrisse und Quadratmeterverbrauch pro Kopf berücksichtigen. Der Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums im Bestand sollte mit dem Programm „Jung kauft Alt“ ebenso gefördert werden wie der altersgerechte Umbau von Wohnungen. Als CDU/CSU wollen wir zudem eine auf vier Jahre befristete fünfprozentige Sonderabschreibung für energieeffiziente Wohngebäude ab Standard EH55, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten maximal 4.000 Euro pro Quadratmeter betragen.

BVI-Magazin: Im Koalitionsvertrag ist die Einführung eines echten Sachkundenachweises für Miet- und WEG-Verwalter versprochen worden. Bisher ist dazu von den Koalitionsparteien noch nichts zu hören. Rechnen Sie mit der Einführung noch in dieser Legislaturperiode und wie werden Sie sich dabei konstruktiv einbringen?

Dr. Jan-Marco Luczak: Mit der WEG-Reform haben wir den zertifizierten Verwalter eingeführt. Ursprünglich sollte die Vorgabe ab Dezember 2022 gelten. Die Zertifizierungsstellen standen allerdings vor massiven Problemen bei der fristgerechten Umsetzung. Aufgrund meiner schriftlichen Frage an die Bundesregierung und der Hinweise der Industrie- und Handelskammern wird die Frist nun um ein Jahr verlängert. Zum echten Sachkundenachweis hat die Ampel noch nichts vorgelegt. Das liegt vor allem daran, dass hier offensichtlich noch keine genauen Vorstellungen bestehen, in welchem Verhältnis Zertifizierung und Sachkundenachweis stehen sollen. Zwei parallele Instrumente, ohne dass diese synchronisiert sind, wären jedenfalls untunlich. Das muss die Ampel klären.

Stand: 26. Oktober 2022

Dr. Jan-Marco Luczak
www.luczak-berlin.de

Dr. Jan-Marco Luczak ist Rechtsanwalt und seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags. Als rechtspolitischer und nunmehr wohn- und baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beschäftigt er sich schon viele Jahre mit den Themen Bauen und Wohnen.

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