Der Fall
Verwalter V wird vorzeitig abberufen und erhebt dagegen Anfechtungsklage. Der neu bestellte Verwalter N beauftragt Rechtsanwalt R mit der Vertretung der beklagten Eigentümer. Da das Gericht einen Vergleich vorschlägt, beschließt die Eigentümerversammlung mit Mehrheit, diesen anzunehmen, woraufhin R den Vergleich vor Gericht abschließt. Die überstimmten Eigentümer fechten diesen Beschluss an und meinen, dass R den Vergleich für sie überhaupt nicht habe abschließen dürfen.
Das Problem
Der Verwalter ist gem. § 27 Abs. 2 WEG berechtigt und verpflichtet, die beklagten Wohnungseigentümer im Beschlussanfechtungsprozess zu vertreten und einen Anwalt zu beauftragen. Wie weit reichen aber die Kompetenzen des Verwalters? Darf er selbständig über Vergleiche oder die Einlegung von Rechtsmitteln entscheiden und den Anwalt entsprechend anweisen? Darf die am Prozess überhaupt nicht beteiligte Wohnungseigentümergemeinschaft durch Beschluss entscheiden? Oder müssen Verwalter und Anwalt die Weisungen einzelner
Eigentümer befolgen?
Die Entscheidung des BGH
Der BGH entscheidet, dass die Prozessführungsbefugnis des Verwalters umfassend ist und den Abschluss eines Vergleichs erlaubt. Der Eigentümerversammlung steht aber die Beschlusskompetenz zu, dem Verwalter und dem Anwalt Weisungen zu erteilen. Demgegenüber sind die Weisungen einzelner Eigentümer für den Verwalter und den Anwalt unbeachtlich. Die mit der Prozessführung nicht einverstandenen Eigentümer hätten dem Gericht rechtzeitig anzeigen müssen, dass sie sich selbst oder durch einen anderen Anwalt vertreten lassen.
Praxis-Tipp
Auch wenn der Verwalter eigenständig handeln kann, sollte er, sofern möglich, eine Weisung durch Versammlungsbeschluss einholen. Dieser sollte aber bestandskräftig werden, bevor der Vergleich vor Gericht geschlossen wird. Zwar ist der Vergleichsschluss prozessual in jedem Fall wirksam, wird der Beschluss über den Vergleichsschluss aber gerichtlich für ungültig erklärt, sind Regressforderungen vorprogrammiert.
Rüdiger Fritsch
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