Der Fall
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft fasst auf der Grundlage eines vorliegenden Angebots Beschluss über die Beauftragung notwendiger Dachdeckerarbeiten. Woh-nungseigentümer Q erhebt hiergegen Beschlussanfechtungsklage und begründet diese u.a. damit, dass es angesichts des Auftragsvolumens an der Vorlage mehrerer Vergleichsangebote fehlte.
Das Problem
Nach dem herrschenden Dogma soll die Vergabe größerer Aufträge regelmäßig schon dann rechtswidrig sein, wenn nicht zuvor mehrere, mindestens drei Vergleichsangebote eingeholt wurden. Ein „größerer Auftrag“ soll bereits dann vorliegen, wenn die Kosten der Maßnahme 3.000 Euro übersteigen (vgl.: Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl. 2018, § 21 Rn. 31, 112c). Dabei soll es zu den Aufgaben des Verwal-ters gehören, diese Vergleichsangebote einzuholen. Dies stößt aus den ver-schiedensten Gründen in der Praxis auf erhebliche Probleme.
Die Entscheidung des AG Hamburg-Blankenese
Das Amtsgericht hält es zwar für grundsätzlich geboten, vor der Vergabe von Groß-aufträgen Vergleichsangebote einzuholen, um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durch-führen zu können, benennt aber mehrere schlagende Argumente, warum im Einzelfall hiervon abgewichen werden kann. Zudem, so das AG, seien die primär entschei-dungszuständigen Eigentümer für das Einholen von Angeboten (auch) selbst verant-wortlich. Hat der klagende Wohnungseigentümer selbst insoweit nichts unternommen, kann er dies den anderen Eigentümern nicht als Mangel ordnungsmäßiger Verwaltung vorwerfen (so auch: LG Dortmund, Urt. v. 15.1.2016 - 17 S 112/15; AG Bonn, Urt. v. 16.8.2018 - 27 C 52/18, ZMR 2018, 960; AG Charlottenburg, Urt. v. 3.5.2018 - 72 C 15/18; Urt. v. 7.9.2017 - 72 C 32/17).
Praxis-Tipp
Die Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese sollte Pflichtlektüre sein. Verwalter und Wohnungseigentümer sind nun aufgerufen, sich in vergleichbaren Prozessen mit den ihnen anhand gegebenen Argumenten (erfolgreich) zu verteidigen.
Rüdiger Fritsch
www.krall-kalkum.de