Ein Auszug aus der neuen BVI WEG-Fachbroschüre

Das neue WEG

Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz trat am 1. Dezember 2020 in Kraft und brachte umfassende Änderungen der gelebten Verwaltungspraxis mit sich. Rüdiger Fritsch, Fachanwalt für WEG- und Mietrecht, fasste in der neuen BVI WEG-Fachbroschüre hilfreiche Praxistipps und Erläuterungen zum Gesetz zusammen, die das BVI-Magazin in Auszügen vorstellt. In dieser Ausgabe: Die Wohnungseigentümerversammlung mit den Regelungen zur digitalen Teilnahme und zum Umlaufbeschluss.

Das besagt §23 Wohnungseigentümerversammlung

(1) Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, werden durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet.

Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass Wohnungseigentümer an der Versammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können.

(2) Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist.

(3) Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.

(4) Ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, ist nichtig. Im Übrigen ist ein Beschluss gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist.

 

Die Erläuterung:

  1. Unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Vereinbarungen der Wohnungseigentümer werden alle die ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung unterfallenden Maßnahmen (vgl. § 19 WEG) sowie alle weiteren Maßnahmen, für die die Beschlussfassung gesetzlich vorgesehen ist, anlässlich einer Eigentümerversammlung diskutiert und durch Beschluss geregelt. Formal ist zu beachten, dass der Gegenstand der Beschlussfassung (in der Praxis: Tagesordnung) in der Einberufung hinreichend bestimmt zu bezeichnen ist.

 

  1. Regelungsgegenstände, für die die Eigentümerversammlung keine Beschlusskompetenz besitzt sowie Beschlüsse, die in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingreifen oder gegen ein sonstiges gesetzliches Verbot verstoßen, sind gem. § 23 Abs. 4 S. 1 WEG nichtig, d.h. von vornherein rechtsunwirksam. Innerhalb bestehender Beschlusskompetenz gefasste, aber aus formellen Gründen (z.B. fehlende Bezeichnung bei der Einberufung, formale Fehler bei der Abhaltung der Versammlung) oder aus materiell-rechtlichen Gründen (Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung) bloß rechtswidrige Beschlüsse erwachsen in Bestandskraft, wenn sie nicht gerichtlich angefochten und rechtskräftig für ungültig erklärt werden.

 

  1. Auch das neue WEG geht vom Grundsatz einer sog. Präsenzversammlung aus, in der die Eigentümer oder deren legitimierte Vertreter körperlich anwesend sind. Gem. § 23 Abs. 1 S. 2 WEG können die Wohnungseigentümer zwar beschließen, dass Wohnungseigentümer an der Versammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können. Die konkrete technische Ausgestaltung wird dabei nicht geregelt; entweder die Wohnungseigentümergemeinschaft erwirbt das notwendige technische Equipment oder mietet dieses vom Verwalter oder dem Betreiber des Veranstaltungslokals an.

Nachteilig erscheint, dass es die neue Beschlusskompetenz nicht ermöglicht, die Eigentümerversammlung als reine Online-Teilnahme umzustellen. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass das zum Kernbereich des Wohnungseigentums zählende Recht des einzelnen Wohnungseigentümers, physisch an der Eigentümerversammlung teilzunehmen, nicht angetastet werden darf.

 

  1. Positiv zu bewerten ist die Vereinfachung der Beschlussfassung im sog. Umlaufverfahren gem. § 23 Abs. 3 S. 1 WEG, da das rechtssichere Zustandekommen eines sog. Umlaufbeschlusses nicht mehr das Vorliegen der Zustimmung sämtlicher Eigentümer in Schriftform, sondern in Textform (also auch durch Telefax, E-Mail oder auf anderem digitalen Wege) verlangt. Gem. § 23 Abs. 3 S. 2 WEG kann darüber hinaus (in einer vorhergehenden Eigentümerversammlung) beschlossen werden, dass für das Zustandekommen eines Umlaufbeschlusses zu einem einzelnen konkreten Beschlussgegenstand die bloße einfache Mehrheit der in Textform abzugebenden Stimmen ausreicht.

 

Rüdiger Fritsch

www.krall-kalkum.de

 

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