Elektromobilität im Mehrparteienhaus

Elektromobilität: Auf das Große und Ganze schauen – zukunftsfähige Lösungen schaffen

Der Gesetzgeber hat den Zugang zu Lademöglichkeiten vereinfacht, das EU-Parlament das Verbrenner-Aus besiegelt. Der Weg zur eigenen Stromtankstelle im Mehrparteienhaus erfordert jedoch Expertenwissen.

Das EU-Parlament hat das Aus für Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 beschlossen. Spätestens jetzt ist sicher: Die Zahl der E-Fahrzeuge in Deutschland wird stetig zunehmen. Deren Attraktivität hängt auch davon ab, wie einfach man sein Auto im Alltag laden kann. Glück hat, wer über eine Lademöglichkeit im eigenen Zuhause verfügt. Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz räumt jedem Mieter einen Anspruch auf Einbau einer Lademöglichkeit ein. Das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz soll überdies den Ausbau der Leitungs- und Ladeinfrastruktur für E-Mobilität im Gebäudebereich beschleunigen. Der neugeregelte § 554 BGB sieht für Mieter einen Gestattungsanspruch auf bauliche Veränderungen vor, die unter anderem dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Erster Ansprechpartner für Eigentümer und Mieter beim Wunsch nach einer eigenen Wallbox am Stellplatz ist häufig der Verwalter des Objekts.

Wie sollten Eigentümer und Verwalter an das Thema Elektromobilität herangehen?

Analyse – Planung – Errichtung – Betrieb. Klingt eigentlich ganz einfach, aber ist wie so oft sehr vielschichtig und gerade im Mehrparteienhaus/WEG-Bereich abstimmungs- und regelungsintensiv. Oft sind es zunächst nur einzelne E-Mobilisten, die am liebsten gestern eine eigene Lademöglichkeit am Stellplatz errichten würden. Bevor Einzelnen die Errichtung gestattet wird, sollten Verwalter versuchen, auf das Große und Ganze zu schauen.

Zunächst empfiehlt es sich, eine Bedarfsabfrage aller Bewohner vorzunehmen, um nicht nur den kurz-, sondern auch den mittel- und langfristigen Bedarf an E-Mobilität abschätzen zu können. Daneben sind die objektspezifischen Gegebenheiten zu analysieren. Bei einer Vor-Ort-Begehung werden wesentliche Faktoren wie das Platzangebot im Hausanschlussraum, Wege zur Kabelverlegung, Kernbohrungen und Tiefbauarbeiten für Außenstellplätze untersucht, dokumentiert und bewertet. Ganz entscheidend im Bestandsbau: Analyse und Überprüfung des Hausanschlusses und der verfügbaren bzw. vertraglich vereinbarten Anschlussleistung. Diese bildet ohne Erweiterung/Erneuerung die technische Grenze an verfügbarer Leistung für E-Mobilität und damit den möglichen Ladekomfort. Diese Analyse bildet die Basis für das Umsetzungskonzept. Darin berücksichtigt sind der aktuelle und der künftige Bedarf an Lademöglichkeiten und zudem eine Kostenschätzung für die Errichtung der Grundinfrastruktur, der Ladepunkte und den Betrieb.

Welche Leistungen sollten unterschieden werden?

Ladeinfrastruktur ist mehr als nur die Wallbox. Daher gilt es im Konzept die Leistungen so zu beschreiben, dass am Ende für alle Beteiligten klar ist, was zu tun ist und wer welche Kosten einmalig oder fortlaufend zu tragen hat. Bei der Errichtung unterscheidet man grundsätzlich zwischen der Vorrüstung des Objekts (E-Mob-Ready) und der Ladepunkterrichtung.

Zu E-Mob-Ready zählt alles, was die Ertüchtigung des Objekts betrifft, um eine Wallbox errichten und Strom laden zu können. Es handelt sich um einmalige Investitionen in die Grundvorrüstung, zum Beispiel Anschlusserweiterung, Messwandlerschrank, Lastmanagementsystem, Kabelrinnen, Stromschienensystem, Wanddurchbrüche, Stromunterverteilungen. Mit einer solchen Grundvorrüstung lassen sich künftig bei kurzfristigem Bedarf flexibel und ohne großen Aufwand weitere Wallboxen anschließen und betreiben.

Bei der Ladepunkterrichtung geht es darum, die Wallbox/Ladestation am gewünschten Stellplatz zu errichten und mit der Grundvorrüstung zu verbinden, und zwar dort, wo der Bedarf besteht. Zur Ladepunkterrichtung zählen unter anderem Beschaffung und Installation von Wallboxen, Verkabelung, Personen-/Leitungsschutzschalter, Einbindung in Lastmanagement- und Back-End-System.

Zu guter Letzt gilt es, den Betrieb sicherzustellen. Dieser umfasst unter anderem Strombeschaffung, Monitoring, Wartung einschließlich technischer Updates, Störungsbearbeitung und (Fern-)Entstörung sowie nutzerweise Abrechnung.

Wer bezahlt was?

Die Kosten der Konzepterstellung als Beratungsleistung und die Kosten der Grundvorrüstung (E-Mob-Ready) sollten alle Eigentümer als Investition in die Zukunftsfähigkeit des Objekts tragen. Wer zusätzlich eine Wallbox errichten lässt, hat die entsprechenden Kosten zu tragen, ebenso für den Betrieb des Systems. Wer keine Wallbox wünscht, sollte entsprechend auch keine Folgekosten tragen.

Die Ladevorgänge können mit den Nutzern durch entsprechende Authentifizierung am Ladepunkt (App, RFID, …) direkt abgerechnet werden. Das ist immer dann wichtig, wenn Eigentum und Nutzung nicht in einer Person vereint sind.

Wer sich dem Thema Elektromobilität ganzheitlich nähert und ein bedarfsgerechtes, zukunftsorientiertes Konzept erstellt, kann künftigen Anfragen von Eigentümergemeinschaften und Mietern entspannt entgegensehen. Für all diese Leistungen – von der Begehung, über die Errichtung bis zum Betrieb – gibt es Dienstleister, die diese übernehmen und so den Objektmanager maximal entlasten.

Dirk Giebels
www.cowelio.de

Dirk Giebels ist seit mehr als 20 Jahren in der Energiewirtschaft tätig. Als Geschäftsführer der cowelio GmbH, eines Tochterunternehmens der BRUNATA-METRONA-GRUPPE, unterstützt er gemeinsam mit seinem Team Immobilienverwalter, Eigentümer, Wohnungsgesellschaften, Projektentwickler und Bauträger bei allen Fragestellungen rund um die Elektromobilität im Mehrparteienhaus. Daneben bietet cowelio Lösungen für die Gas-, Strom- und Wärmeversorgung sowie weitere Dienstleistungen rund um die Energieversorgung der Immobilie.

 

Einen Kommentar schreiben
Kommentieren