Arbeit an der Unternehmenskultur grundlegend für Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität

Fachkräftemangel: Immobilien-Arbeitgeber vermarkten sich nicht

Jeder redet von Fachkräftemangel. Da müsste man doch meinen, dass Arbeitgeber alles tun, um sich aufzuhübschen. Doch die Arbeitgeberattraktivität der Immobilienbranche scheint ausbaufähig. Dieser Schluss drängt sich auf bei einem Blick auf das Bewertungsportal Kununu. Die Immobilienbranche ist hier deutlich unterrepräsentiert. Ein Plädoyer für mehr Arbeitgeber-Marketing.

Zu Beginn der Corona-Pandemie haben viele Unternehmen weitestgehend auf Neueinstellungen verzichtet. Aber jetzt deuten alle Zeichen darauf hin, dass Mitte 2021 der Personalbedarf wieder stark anziehen wird. Spätestens dann sollten die Arbeitgeber der Wohnungswirtschaft für den Wettbewerb um die Talente gerüstet sein. Doch um deren Arbeitgeberattraktivität ist es im Moment nicht sehr gut bestellt.

Ein Blick in das Bewertungsportal Kununu zeigt, dass die Arbeitgeberattraktivität der Immobilienbranche unter dem Durchschnitt liegt: Nach Auskunft von Kununu werden die Arbeitgeber in Deutschland auf einer Skala von null (ganz schlecht) bis fünf Sternen (super) mit rund 3,55 bewertet, und zwar branchenübergreifend. Die Arbeitgeber der Wohnungswirtschaft erhalten – Datenbasis 3.350 deutsche Arbeitgeber der Immobilienbranche – eine durchschnittliche Bewertung von 3,50. An sich ist das noch nicht besorgniserregend.

Kaum einer hat bezahltes Arbeitgeberprofil

Ein deutlicheres Warnsignal kommt aus einer anderen Richtung: Wie sehr das Arbeitgebermarketing in unserer Branche vernachlässigt wird, zeigt ein tieferer Blick in die Statistik des Bewertungsportals. Bei Kununu sind insgesamt rund 3.350 deutsche Arbeitgeber der Branche „Immobilien“ vertreten. Hiervon haben 125 ein bezahltes Arbeitgeber-profil – das sind lediglich knapp vier Prozent. Das heißt: 96 Prozent der Arbeitgeber verzichten auf die Chance, sich bei potenziellen Bewerbern positiv hervorzuheben.

Ganz ähnlich sieht es beim Arbeitgeberwettbewerb „Deutschlands Beste Arbeitgeber 2020“ des Great Place to Work Instituts aus, für den sich 840 Unternehmen beworben und an einer anonymen Mitarbeitendenbefragung sowie einem Kultur-Audit teilgenommen haben. 100 Unternehmen dürfen sich seitdem mit dem Titel „Deutschlands Beste Arbeitgeber 2020“ schmücken, aber nur eines davon ist aus dem Grundstücks- und Wohnungswesen. Wie viele Unternehmen der Branche sich insgesamt an dem Wettbewerb beteiligt haben, ist nicht bekannt. Die geringe Anzahl der Branchenvertreter unter den Top-100 macht jedenfalls deutlich, wie wenig die Branche für attraktive Arbeitsbedingungen tut und dafür, diese zu kommunizieren.

Online-Bewertungen sind die wichtigste Währung, auch auf dem Stellenmarkt

Es stimmt schon: Nicht jedes Unternehmen glaubt an die positive Wirkung eines Arbeitgebersiegels für das Recruiting von Mitarbeitern. Diese Haltung ist durchaus gerechtfertigt, denn viele der Arbeitgeberwettbewerbe sind den Stellensuchenden gar nicht bekannt. Was jedoch fast immer zurate gezogen wird, bevor eine Bewerbung abgeschickt wird, sind Arbeitgeberbewertungen auf Plattformen wie Kununu, Glassdoor oder Jobvoting.

Ähnlich wie bei der Anschaffung eines neuen technischen Geräts, studieren Interessenten zunächst die Bewertungen im Web, bevor sie sich für oder gegen einen Kauf beziehungsweise eine Bewerbung entscheiden. Und diese Bewertungen haben weitreichende Auswirkungen: Laut einer Bitkom-Befragung hat sich knapp die Hälfte der Stellensuchenden schon einmal gegen eine Bewerbung bei einem potenziellen Arbeitgeber entschieden, weil dieser auf einem Bewertungsportal zu schlecht abschnitt.

Die Unternehmenskultur ist entscheidend

Dass Arbeitgeber steuern können, wie gut oder schlecht die Bewertungen ausfallen, ist kein Geheimnis. Wichtig hierfür ist eine fördernde, motivierende, stimmige und offene Kultur. Schon lange ist bekannt, dass der Wettbewerb um die Talente zu großen Teilen über die Unternehmenskultur entschieden wird und nicht etwa über ein hohes Gehalt. So stellte das Jobportal Stepstone in einer Umfrage fest, dass sich nur wenige Beschäftigte mit jeder Unternehmenskultur zufriedengeben würden, solange die Bezahlung stimmt.

Wie der Kununu Kulturkompass zeigt, spielen für eine gute Unternehmenskultur solidarische Kolleginnen und Kollegen sowie der Zusammenhalt untereinander eine wesentliche Rolle. Besonders negativ auf die Kultur wirken sich abhängige Tätigkeiten ohne Entscheidungsfreiräume aus. Auch eine intransparente Unternehmensführung, die die Beschäftigten unklar über die künftige Entwicklung lässt, trägt erheblich zu einer negativ empfundenen Kultur bei.

Das müssen Arbeitgeber der Wohnungswirtschaft jetzt tun

Grundlegend für eine Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität ist die Arbeit an der Unternehmenskultur, weg von hierarchischen Strukturen, hin zu mehr Solidarität, Kollegialität, Partizipation und einer offenen Kommunikation. Dieses Vorhaben erfordert Zeit und sollte so schnell wie möglich angegangen werden. Abgesehen davon empfehlen sich folgende Schritte, um das eigene Unternehmen bei potenziellen Bewerbern bekannt zu machen und auf Arbeitgeberbewertungsplattformen besser dazustehen:

Informieren Sie in Ihren Stellenanzeigen, auf Ihrer Karrierewebseite oder in einem Firmenprofil auf einer Arbeitgeberbewertungsplattform über wesentliche Aspekte Ihrer Firmenkultur, denn die Mehrheit der Bewerber sucht nach Informationen zum Betriebsklima und zum Umgang miteinander. Bleiben Sie dabei unbedingt bei der Wahrheit. Unstimmige Angaben offenbaren sich spätestens in den ersten Tagen im Job.

Ermuntern Sie Ihre Beschäftigten und Bewerber zu einer Bewertung auf Kununu & Co. Je mehr Bewertungen dort vorliegen, desto eher relativieren sich mögliche negative Kommentare. Dass sich jemand ungerecht behandelt fühlt und sich darüber beschwert, wird immer wieder vorkommen. Aber mit einer authentischen Firmenkultur und einer offenen Kommunikation können solche Fälle stark reduziert werden.

Antworten Sie auf negative Arbeitgeberbewertungen und argumentieren Sie dabei mit Fakten. Fragen Sie nach konkreten Anlässen für Verärgerungen und holen Sie Verbesserungsvorschläge ein. Räumen Sie Fehler ein und signalisieren Sie Veränderungsbereitschaft. Ein  Arbeitgeber, der sich gesprächsbereit zeigt, kommt bei den meisten Stellensuchenden positiv an.

INFORMATION

Dr. Carsten Thies

ist als Geschäftsführer in der Haufe Group unter anderem für den Bereich Real Estate verantwortlich. Er hat die digitale Transformation der Haufe Group vom Fachverlag zum digitalen Lösungsanbieter maßgeblich mitgestaltet. Carsten Thies schreibt über moderne Arbeitswelten und die nötige Transformation von Unternehmen. Mit einem Fokus auf Strategisches, aber immer praxisorientiert.

Dr. Carsten Thies

Dr. Carsten Thies
[email protected]

Einen Kommentar schreiben
Kommentieren