Maßnahmen gegen Eindringen von Zigarettenrauch?

Grenzen der erlaubten Nutzung von Teileigentum

Waren es im Wohnungseigentum bisher Geruchsbelästigungen, z.B. durch das sommerliche Grillen mit Holzkohle, die zu Streit unter den benachbarten Eigentümern führten, kommt jetzt der im Teileigentum gezielt erzeugte Nikotingeruch speziell in Raucherkneipen dazu.

Betroffene Miteigentümer erwarten etwa vom Nutzer des Teileigentums, dass dieser geeignete Maßnahmen gegen das Eindringen von Zigarettenrauch in die Wohnungen ergreifen möge. Zu Recht?

Das AG Hamburg-St. Georg (Urteil vom 26.02.2021, 980b C 41/19) entschied: Übermäßiges Rauchen, wie es in einer sog. Raucherkneipe stattfindet und das eine Außenwirkung in Bezug auf die übrigen Wohnungen anderer Miteigentümer hat, ist „vermeidbar“ und muss nicht von Mitwohnungseigentümern geduldet werden.

Daran bestehen zumindest Zweifel, denn die Ertüchtigung der Zwischendecke zur Wohnung als gemeinschaftliches Eigentum sowie der Einbau einer Abluftanlage, deren Rohrsystem auf das Dach geführt wird, würden Abhilfe schaffen.

Zulässige Nutzung nach Teilungserklärung

Das Betreiben einer Raucherkneipe ist nämlich erst einmal eine nach der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung zulässige Nutzung bzw. ein zulässiger Gebrauch, wenn nicht durch eine Zweckbestimmung im engeren Sinne die Nutzung eingeschränkt wird.

Der Begriff „Teileigentum“ enthält bereits eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG. Das Sondereigentum darf danach grundsätzlich zu jedem gewerblichen Zwecken genutzt werden. Der Zweckbegriff dient auch nach der Reform 2020 zur Bestimmung des legalen Benutzungsumfangs. Ergo: In der Teileigentumseinheit darf nur zu Zwecken genutzt werden, die nicht dem Wohnen zugeordnet sind.

Keine ungeschriebene Nutzungsbeschränkung ableitbar

Die Zweckbestimmung „Teileigentum“ gibt nicht die konkrete Art der (erlaubten) Nutzung an, sondern das Maß der (erlaubten) Beeinträchtigung, welches die anderen Eigentümer hinnehmen müssen. Aus dem Charakter der Anlage und den prägenden örtlichen Verhältnissen lässt sich keine ungeschriebene Nutzungsbeschränkung ableiten.

Der Wohnungseigentümer hat vielmehr „Einwirkungen auf sein Sondereigentum“ zu dulden, soweit sie auf einem zulässigen Gebrauch beruhen; vgl. § 14 Abs.2 Nr.2, Abs. 1 Nr.2 WEG. Unvermeidbar sind Beeinträchtigungen, die beim Zusammenleben nicht zu umgehen sind. Gleich zu behandeln sind Beeinträchtigungen auf die der Störer einen Rechtsanspruch hat. Starkes Rauchen, wie es hier in der Teileigentumseinheit (Raucherkneipe) praktiziert werden soll und nach Ende der Pandemie wieder werden wird, das eine starke Außenwirkung in Bezug auf die übrigen Wohnungen anderer Miteigentümer hat, ist zwar rein tatsächlich „vermeidbar“, aber der Störer hat hierauf bei zweckbestimmungskonformer Nutzung einen Anspruch.

Trotzdem ist generell der vereinbarte Gebrauch „maßvoll auszuüben“. Zu denken wäre etwa an häufigeres Lüften oder eine zeitliche Beschränkung, und zwar zumindest solange, bis das gemeinschaftliche Eigentum instandgesetzt ist.

Dr. Olaf Riecke - www.riecke-hamburg.de

Quelle: BVI-Magazin Ausgabe 03/2021

Einen Kommentar schreiben
Kommentieren