Grundsteuerreform: Was Wohnungsunternehmen und Immobilienverwalter jetzt beachten sollten

Seit Jahresbeginn greift die Grundsteuerreform. Für Wohnungsunternehmen sowie Immobilienverwalterinnen und Immobilienverwalter ist die Einführung mit zusätzlichem Aufwand verknüpft: Sie müssen detaillierte Immobiliendaten zusammenstellen und bereits in diesem Sommer eine Steuererklärung beim Finanzamt einreichen.

Laut einer KPMG-Studie von Ende 2021 haben sich Immobilienbesitzer vor Inkrafttreten der Grundsteuerreform nicht gut informiert gefühlt, waren nicht ausreichend vorbereitet und hatten notwendige Prozesse noch nicht angestoßen. Die rund 300 Studienteilnehmer, unter denen die Immobilienbranche mit rund 21 Prozent den größten Anteil hat, beanstanden vor allem die nach Bundesländern unterschiedlich ausgerichteten Grundsteuermodelle. Diese sind insbesondere für Immobilienbesitzer mit Eigentum in verschiedenen Bundesländern herausfordernd.

Unterschiede in den Berechnungsmodellen von Bund und Ländern

Wohnungsunternehmen und Immobilienverwalter sollten sich jetzt umgehend mit den heterogenen und komplexen Regelungen vertraut machen: Während sich Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen für vorwiegend wertunabhängige Ländermodelle entschieden haben, gilt in den übrigen Bundesländern das wertabhängige Bundesmodell, mit regionalen Abweichungen.

In allen Modellen gilt jedoch als Hauptfeststellungszeitpunkt für die Wertermittlung der 1. Januar 2022. Einheitlich ist auch der Zeitraum, in dem die Immobilienbesitzer Steuererklärungen in elektronischer Form einzureichen haben (1. Juli bis 31. Oktober 2022). Im Bundesmodell und den Ländermodellen Baden-Württemberg und Hessen gibt es nach dem 1. Januar 2022 einen turnusgemäßen Hauptfeststellungszeitpunkt, auf den flächendeckend für alle Immobilien neue Erklärungen abzugeben sind. Im Bundesmodell und Baden-Württemberg erfolgt dies alle sieben, in Hessen alle 14 Jahre. Hamburg, Bayern und Niedersachsen verzichten darauf.

Im Zuge der Reform müssen in allen Modellen Immobilienbesitzer unterschiedliche Immobiliendaten zusammentragen. Für die eigenen Immobilien kann der Vermieter immer eine Erklärung erstellen und einreichen. Der Immobilienverwalter kann dies laut Finanzverwaltung ebenso: Grundstücks- und Hausverwaltungen sollen befugt sein, bezüglich der von ihnen verwalteten Objekte die Erklärung abzugeben und Bescheide entgegenzunehmen.

Art und Umfang der Immobiliendaten sind abhängig von der Lage des Grundstücks und dem damit anzuwendenden Länder- bzw. Bundesmodell. Für alle gilt, dass allgemeine Lagedaten wie die Adresse zu erklären und Flächen des Grund und Bodens anzugeben sind. Bei den Gebäudeflächen ist zu differenzieren: Baden-Württemberg fordert nur bei gemischter Nutzung, d. h. sowohl zu Wohn- als auch Nichtwohnzwecken sowie bei teilweise bestehender Grundsteuerbefreiung eine Angabe der Gebäudeflächen. Im Bundesmodell und weiteren Ländermodellen ist die Angabe immer erforderlich. Dabei wird bei der Wohnnutzung auf die Gebäudefläche nach der Wohnflächenverordnung abgestellt. Diese kann bei vermieteten Wohneinheiten in der Regel den Mietverträgen entnommen werden, wenn die Mietfläche nach der Wohnflächenverordnung ermittelt wurde. Aber Achtung: Bei Abweichungen können Diskussionen mit Mietern folgen, die bei geringeren Flächenangaben geringere Mietzahlungen oder eine rückwirkende Erstattung fordern können.

Was jetzt zu tun ist – die wichtigsten Schritte

  • Grundbuchauszug anfordern, um die entsprechenden
    Daten (Grundbuchblatt, Flur, Flurstück, Zähler,
    Nenner) in die Steuererklärung aufnehmen zu können.
  • Flächengrößen zusammenstellen: Grundstück und
    Gebäude (Ausnahme Baden-Württemberg: nur
    Grundstück), Mietflächenangaben
  • Bundesmodell: Baujahr, sofern nach 1949 errichtetes
    Gebäude, ermitteln
  • Angaben Anzahl Kfz-Stellplätze

Besonderheiten beim Bundesmodell

Das Bundesmodell fordert zudem Daten zu Gebäudeart und Baujahr. Wurde das Gebäude kernsaniert, kann dies zu einer Verlängerung der Nutzungsdauer führen, sodass von einem späteren Baujahr auszugehen ist. Als kernsaniert gelten Gebäude, die bis auf die Grundmauern zurückgebaut und anschließend instandgesetzt wurden.

Die Grundsteuer ermittelt sich als Produkt aus: Grundsteuerwert x Messzahl x Hebesatz. Der Hebesatz kann autonom von der Gemeinde festgesetzt werden. Politischer
Wille ist, dass er so angepasst wird, dass die Grundsteuerbelastung nach der Grundsteuerreform in etwa der vor der Reform entspricht. Dies ist allerdings nur für das Gesamtaufkommen der Gemeinde möglich. Demnach wird es wohl Gewinner und Verlierer geben. Für bestimmte Wohnungsbaugesellschaften kann es zu einer Reduktion der Steuermesszahl um bis zu 25 Prozent kommen. Sofern eine Gemeinde auch Grundsteuer C erhebt, können unbebaute, aber baureife Grundstücke mit einem höheren Hebesatz belastet werden, um Eigentümer zur Bebauung anzuregen.

Vorsicht bei Gewerbeimmobilien

Bei der betrieblichen Nutzung sieht das Bundesmodell die Angabe der Brutto-Grundfläche des Gebäudes unter Anwendung der DIN 277-1:2005-02 vor, was im Normalfall den Außenmaßen des Gebäudes entspricht. Diese Angabe kann oftmals nur den Bauunterlagen entnommen werden. Gewerbliche Mietverträge enthalten meist keine entsprechenden Angaben. In den Ländermodellen ist die Bemessungsgrundlage bei betrieblicher Nutzung nicht die Brutto-Grundfläche, sondern die Nutzfläche. Diese ergibt sich aus der um die Konstruktions-, Technik- und Verkehrsflächen reduzierte Brutto-Grundfläche.

Jürgen Lindauer

JÜRGEN LINDAUER
home.kpmg/de

Information

JÜRGEN LINDAUER ist Steuerberater bei der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft AG. Er ist Experte für die Immobilienbesteuerung und insbesondere die Grundsteuerreform und berät vermögende Privatpersonen, Unternehmen und gemeinnützige Stiftungen in allen steuerlichen Belangen.

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