Augen auf beim Wohnungskauf!

Herstellungspflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft

Worum geht es? 

Die Klägerin ist Eigentümerin zweier Wohnungen mit den Nummern 337 und 339 in einer Eigentümergemeinschaft.

 

Die ursprüngliche Baugenehmigung aus dem Jahr 1968 erfasste nur die Wohnung 337, die Teilungserklärung sah jedoch beide Wohneinheiten vor. Aufgrund der fehlenden Baugenehmigung für die weitere erbaute Einheit fehlt es an einem Stellplatznachweis, der nun durch die Baubehörde angefordert wird. Die Klägerin wendet sich an die Wohnungseigentümergemeinschaft und fordert diesen Nachweis des Stellplatzes. Dies wird durch die Wohnungseigentümergemeinschaft abgelehnt, sodass die Klägerin hiergegen Klage erhebt.

Ist die Forderung der Klägerin berechtigt?

Das Landgericht Itzehoe hat mit seinem Urteil vom 14.10.2014 zu 11 S 13/14 zum Ausdruck gebracht, dass die Verpflichtung auf Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums nach § 21 Abs. 4 WEG entsprechend der Teilungserklärung unabhängig von Ansprüchen gegen einen Bauträger besteht. Ein solcher Anspruch ist grundsätzlich unverjährbar.

Auch wenn hier die ursprüngliche Herstellung bereits im Jahre 1968 abgeschlossen war, mithin jegliche Ansprüche gegen den damaligen Bauträger verjährt sind, bleibt dem Wohnungseigentümer und seinem Sonderrechtsnachfolger der Anspruch auf Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes bestehen. Es sei hierbei nicht entscheidend, ob der tatsächliche Bautenzustand mit der damaligen Baugenehmigung übereinstimme, sondern es sei rein darauf abzustellen, dass entsprechend der Teilungserklärung, der Gemeinschaftsordnung und der Aufteilungspläne das Wohnungseigentum hergestellt werden müsse.

Wird entgegen der vorgenannten Unterlagen das Gemeinschafts- oder Sondereigentum errichtet, so hat ein jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Errichtung des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums entsprechend der dort getroffenen Vorgaben. Dieser Anspruch umfasst auch den Anspruch an die Gemeinschaft, öffentlich-rechtliche Anforderungen an den Stellplatznachweis zu erfüllen. Hierbei spielt es auch keine Rolle, dass ggf. zwischen Errichtung des Gebäudes und Anspruchstellung Jahrzehnte liegen, auch ein Umstand der Verwirkung kann hierbei keine Rolle spielen. Ein solcher Anspruch ist aufgrund eines rechtswidrigen Dauerzustandes unverjährbar.

Fazit

Es wird immer wieder verkannt und kann zu erheblichen Schwierigkeiten führen, dass der tatsächliche Bautenzustand den Vorgaben der Teilungserklärung, der Gemeinschaftsordnung und den Aufteilungsplänen zu entsprechen hat. Oft fällt erst nach Jahren oder Jahrzehnten auf, dass entgegen dieser Unterlagen gebaut wurde. Bei der Wohnungseigentümergemeinschaft handelt es sich um eine Solidargemeinschaft. Aus dieser Erwägung heraus erwächst ein „gemeinschaftliches Einstehen“ aller Wohnungseigentümer mit ihrem Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum für die Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes.

Auch wenn dies für die übrigen Wohnungseigentümer nicht nachzuvollziehen ist und der Einwand erhoben würde, dies hätte viel früher auffallen müssen oder stelle eine Unbilligkeit der übrigen Wohnungseigentümer dar, da diese für den abweichenden Bau nicht verantwortlich seien, darf dies keine Rolle spielen. Es handelt sich um eine gemeinschaftliche Pflicht, die durch die Wohnungseigentümergemeinschaft zu tragen ist. Richtig ist, dass es sich hier um einen unverjährbaren Anspruch handelt, der auch Jahrzehnte nach Errichtung des Baus noch geltend gemacht werden kann. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Landgericht hier die Revision zugelassen.

Aufgrund der weitreichenden Konsequenzen und finanziellen Aufwendungen, die auf die Wohnungseigentümergemeinschaft zukommen können, kann jedem Erwerber nur geraten werden, sich vor dem Kauf einer Wohnung umfassend über die Vorgaben der Teilungserklärung und sonstigen Unterlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu unterrichten, um vor bösen Überraschungen geschützt zu sein.

C. Fuhrländer
fuhrlaender@wir-jennissen.de

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