Interview mit Anne König MdB

Teures Tanken, teures Heizen – die Preise gehen durch die Decke. Diese Entwicklung stellt vor allem für Verbraucherinnen und Verbraucher mit geringerem Einkommen zunehmend ein Problem dar. Wie die CDU die Explosion bei den Energiepreisen bekämpfen und Konsumenten zeitnah wirksam und gerecht entlasten will – darüber haben wir mit Anne König MdB gesprochen.

BVI-Magazin: Viele Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer klagen über die stark steigenden Energiepreise. Welche Ursachen hat die Preisentwicklung?

Anne König: Von den explodierenden Energiepreisen sind besonders die Haushalte mit geringen Einkommen betroffen. Aber auch Wohnungseigentümer, die breite Mittelschicht sowie Unternehmen und Kommunen spüren die immensen Auswirkungen. Im Lichte des aktuellen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen gegen Russland zeichnet sich auf dem Energiemarkt auch leider keine Entspannung ab. Im Gegenteil: Weitere kurzfristige Preissteigerungen sind wahrscheinlich. Aber schon Anfang letzten Jahres sind die Preise für Gas und Heizöl in ganz Europa gestiegen. Die europäische Inflationsrate lag im Dezember 2021 bei fünf Prozent. Die Hälfte hiervon ist auf die hohen Energiepreise zurückzuführen. Die Energiepreise sind allein in diesem Winter um bis zu 40 Prozent gestiegen. Zum einen kam es zu einer erhöhten globalen Nachfrage nach Gas, nachdem die Wirtschaft sich von der Corona-Pandemie erholte und wieder mehr produzieren konnte. Die Stände der Gasspeicher in der EU waren zudem niedriger als in den Vorjahren. Das hing damit zusammen, dass Russland bereits seinerzeit deutlich weniger Erdgas geliefert hat. Darüber hinaus gab es im letzten Winter (2020/21) Kälterekorde, die zusätzlich die Energiereserven verknappten.

BVI-Magazin: Welche Konsequenzen sollte die Bundesregierung Ihrer Meinung nach aus der Preisentwicklung ziehen?

Anne König: Um die Preisentwicklung zu stabilisieren, brauchen wir eine kluge Politik mit kurz-, mittel- und langfristigen Lösungen, die ineinandergreifen. Gerade die langfristigen Entwicklungen im Energiesektor erfordern, dass die Politik die Kosten im Blick behält und in extremen Situationen wirksam eingreift. Strom, Gas, Heizöl und Benzin gehören zur Grundversorgung und müssen deshalb für alle bezahlbar bleiben. Das ist meine klare Erwartungshaltung an die Bundesregierung.

Anders als Deutschland haben andere europäische Staaten bereits nach der Verständigung auf EU-Ebene entsprechend der Empfehlungen der EU-Kommission vom 13. Oktober 2021 gehandelt. Die CDU/CSU-Fraktion hat einen eigenen Vorschlag in den Bundestag eingebracht. Unser Antrag beinhaltet 25 Maßnahmen, u. a. die zügige Abschaffung der EEG-Umlage, die Senkung der Umsatzsteuer bei Strom und Gas und die Anhebung der Pendlerpauschale. Rund drei Viertel des Strompreises werden in Deutschland nicht durch die Energiekosten, sondern durch Steuern, Umlagen und Netzentgelte bestimmt.

Die Bundesregierung hat nun ein eigenes Maßnahmenpaket zur Entlastung vorgestellt. Jedoch gehen mir die Maßnahmen an einigen Stellen nicht weit genug. Denn nicht nur Bezieher von Wohngeld, sondern die allermeisten Familien, Wohnungseigentümer und hier gerade auch der ländliche Raum sind besonders stark belastet. Auch beim Heizkostenzuschuss hätte ich mir daher eine bedarfsgerechtere Ausweitung vorstellen können. Von der Ampel-Regierung erwarte ich, dass sie die Mitte der Gesellschaft stärker in den Blick nimmt. Und der Gesetzgeber muss klar regeln, dass die vereinbarten Entlastungen an die Verbraucher weitergegeben werden.

Der Krieg in der Ukraine hat den weltweiten Energiesektor zusätzlich ins Wanken gebracht. Das hat für Deutschland unmittelbare Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit. In diesen Zeiten sind zügige, aber auch umsichtige Entscheidungen erforderlich. Alles muss auf den Prüfstand gestellt werden. Dazu zählen die Laufzeitverkürzung in der Kohleverstromung, der Gasreservemechanismus, die Laufzeit der verbleibenden Kernkraftwerke, aber auch die Ausbaugeschwindigkeiten bei den erneuerbaren Energien einschließlich des Leitungsnetzes.

BVI-Magazin: Die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden bietet weiterhin großes Potenzial für den Klimaschutz. Welche Schritte schlagen Sie vor, um den Energieverbrauch im Gebäudebestand künftig zu verringern?

Anne König: Der Gebäudesektor ist für das Gelingen der Energiewende und für die Erreichung der Klimaschutzziele ein zentraler Baustein. Auch im Rahmen des europäischen Green Deals wird über eine neue „Richtlinie für Gesamteffizienz von Gebäuden“ diskutiert, die u. a. eine Dämmpflicht für Wohnhäuser mit niedrigem Energiestandard vorsieht. Die Ampel-Regierung hat sich zudem die Klimaneutralität im Gebäudebestand bis 2050 zum Ziel gesetzt. Das sind sehr ambitionierte Vorhaben.
Der Energieverbrauch kann durch den Austausch von Fenstern und Türen, von Heizungsanlagen oder durch das Dämmen von Fassaden deutlich verringert werden. Diese Maßnahmen sind jedoch sehr teuer. Die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden kann nur mit einer vernünftigen Kosten-Nutzen-Analyse bezahlbar bleiben. Beispielsweise bedeutet viel und dicker dämmen nicht automatisch, dass mehr Energie eingespart wird.

In diesem Zusammenhang hat der sofortige KfW-Förders.topp für effiziente Gebäude für großes Kopfschütteln in der Branche gesorgt und hat manchem Bauherrn gleichsam über Nacht die wirtschaftliche Grundlage seines Traums von den eigenen vier Wänden unter den Füßen weggezogen. Auf massiven Druck der Antragssteller und unserer Fraktion wurde dieser zwar in Teilen zurückgenommen, aber viele Fragen sind bis heute offengeblieben. Meine Fraktion versucht derzeit im Interesse der Betroffenen, Licht ins Dunkel zu bringen mit einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung und einer öffentlichen Anhörung im Bundestag mit Sachverständigen im April. Wir brauchen schnellstmöglich Klarheit, welche Bauvorhaben unter welchen Bedingungen künftig noch gefördert werden. Die neuen Förderprogramme müssen Anreize schaffen und dürfen die Schwellen für die Bauherren nicht zu hoch setzen. Energiewende gelingt nur zusammen mit den Menschen und braucht Verlässlichkeit und Planungssicherheit.

Stand: 7. März 2022

BVI e. V.
bvi-verwalter.de

Anne König

ANNE KÖNIG
Mitglied des Deutschen Bundestages

Information

ANNE KÖNIG sitzt seit Oktober 2021 als direkt gewählte Abgeordnete des Wahlkreises Borken II im Deutschen Bundestag und ist ordentliches Mitglied im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen und im Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Die 1984 in Münster geborene Gesamtschulrektorin ist Mitglied der CDU.

 

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