ENERGETISCHE SANIERUNG Interview mit Sandra Weeser, 
Mitglied des Deutschen Bundestages und Vorsitzende des Ausschusses 
für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen

Interview mit Sandra Weeser

"Immobilienverwalter machen einen sehr verantwortungsvollen und anspruchsvollen Job"

Seit dieser Legislaturperiode sitzt Sandra Weeser im Bundestag dem 34-köpfigen Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen vor und ist damit auch eine wichtige politische Ansprechpartnerin für die Immobilienwirtschaft. Wir sprachen mit ihr unter anderem über die Pläne der Koalition für die energetische Sanierung von Gebäuden, Förderprogramme des Bundes und die Fortschreibung des Quartiersansatzes.

BVI-Magazin: Frau Weeser, die Koalition hat sich sehr ambitionierte Ziele für den Klimaschutz im Gebäudebereich gesetzt. Der energetischen Sanierung kommt dabei eine wesentliche Aufgabe zu, weil ein großer Teil des Gebäudebestands nicht den erhöhten Standards entspricht. Welche Sanierungsquote ist bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2025 nach Ihrer Einschätzung realistisch?

Sandra Weeser: Die Sanierungsquote hängt in erster Linie davon ab, ob wir mehr Handwerker und andere Fachkräfte gewinnen können. Solange wir einen Mangel an Leuten haben, ist es absolut irrelevant, welche Zahlen und Zielquoten die Politik oder Verbände und NGOs dem Gebäudesektor vorrechnen. Wir schaffen mehr, wenn wir den Leuten, die die Sanierungen umsetzen, die Arbeit erleichtern. Mein Fokus als Politikerin liegt also darauf, den Blick auf konkrete Probleme in der Branche zu richten und dann dort zu schauen, dass man Engpässe angeht. Daraus ergeben sich dann Fragen wie: Wie gewinnen wir junge Menschen für die vielen unbesetzten Azubi-Stellen, etwa in der Gebäudetechnik? Wie entlasten wir die Handwerker von Bürokratie, damit sie ihre Arbeitsstunden wirklich auf dem Bau und weniger mit dem Ausfüllen von Formularen verbringen? Welche Technologien helfen dabei, Sanierungen und Gebäudewärme gleich effizient für ganze Quartiere zu planen statt für einzelne Wohneinheiten? An diesen Themen arbeite ich – den Blick in die Glaskugel, wo wir 2025 stehen, überlasse ich anderen.

BVI-Magazin: Die bisherigen Förderprogramme zur Sanierung zielen vorrangig auf den einzelnen Immobilieneigentümer ab; viele Gebäude sind jedoch in Händen von Wohnungseigentümergemeinschaften, für die sich die Sanierung allein schon rechtlich schwieriger gestaltet. So muss jeder Eigentümer genügend Kapitalrücklagen gebildet haben und sich mit den anderen einig sein, damit überhaupt eine Sanierung begonnen werden kann. Welche Anreize kann die Politik Wohnungseigentümergemeinschaften bieten, damit sich solche Hürden für die Sanierung überwinden lassen?

Sandra Weeser: Häufig ist das Eigenkapital knapp und eine Investition muss sich auch rechnen. Bei den aktuellen Energiepreisen werden sicherlich viele Eigentümer feststellen, dass sich einige Investitionen finanziell nach zehn bis 15 Jahren amortisieren – sowohl bei den laufenden Kosten als auch bei der Wertsteigerung. Hier sehe ich auch eine sehr positive Rolle für die Verwalter, die ja oft den besten Einblick in die Kosten haben und hier mit Beispielrechnungen Vorschläge machen sollten. Es bleibt die Frage nach dem Eigenkapital für eine Finanzierung. Hier sehe ich tatsächlich eine Rolle für die Politik und denke, dass wir in der Legislatur verstärkt eigenkapitalersetzende KfW-Kredite nutzen können. Die Vorschläge hierzu arbeitet das Ministerium von Herrn Habeck aktuell aus und wird sie dann mit den Koalitionspartnern abstimmen.

BVI-Magazin: Eignen sich nicht nur mit Blick auf Wohnungseigentümergemeinschaften Steuerbefreiungen nicht wesentlich besser als Förderprogramme, um die Sanierungslust zu wecken?

Sandra Weeser: Da rennen Sie bei mir als liberaler Politikerin offene Türen ein. Wie Sie wissen, sind Haushaltsverhandlungen in einer Koalition zu dritt keine alleinige FDP-Entscheidung. Wir setzen uns allerdings mit Nachdruck für verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten ein. Davon abgesehen ist mein Eindruck, dass die mangelnde Sanierungslust aktuell in erster Linie an mangelnden Handwerkern und Materialengpässen liegt. Das ist Ursache für Frust und hohe Preise. Hier sehe ich die Stellschrauben in guter (Aus-)Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik, vereinfachter Fachkräftezuwanderung, verstärkter Nutzung von EU-Rohstoffvorkommen und einem besseren Recycling von Baumaterial.

BVI-Magazin: Was genau verstehen Sie unter einer breiten, systematischen Nutzung von Sanierungsfahrplänen, die Sie anstreben und für Wohnungseigentümergemeinschaften und beim Kauf eines Gebäudes kostenlos machen wollen?

Sandra Weeser: Sie spielen hier auf die Vereinbarung im Koalitionsvertrag an. Es besteht hier ein breiter politischer Konsens von SPD, Grünen und FDP, dass wir die Forderungen von Experten und Verbänden nach kostenlosen Sanierungsfahrplänen unterstützen. Wie diese Sanierungsfahrpläne aussehen sollen und wie sie umgesetzt werden, möchte ich als Politikerin nicht vorschreiben, sondern mit den Experten aus der Branche erarbeiten. Ich verstehe diese Formulierung im Koalitionsvertrag daher als Arbeitsauftrag an die Minister Habeck und Geywitz, hier mit ihren Häusern und unter Einbeziehung der Experten einen Vorschlag zu entwickeln und dem Bundestag vorzulegen.

BVI-Magazin: Sie wollen die mit der Wohnungswirtschaft begonnene Innovationspartnerschaft wieder aufgreifen und den Quartiersansatz fortschreiben. Welche Rolle kommt dabei Immobilienverwaltern zu?

Sandra Weeser: Immobilienverwalter machen einen sehr verantwortungsvollen und anspruchsvollen Job. Das Aufgabenprofil, ob im Bereich moderner Gebäudetechnik, juristisch komplexer Betriebskostenrechnungen, Kostenmanagement und Zusammenarbeit mit Dienstleistern und Handwerkern, wächst stetig. Wenn also jemand weiß, wo der Schuh drückt und an welcher Stelle ein umgelegter gesetzlicher Hebel die Dinge in der Praxis wirklich vereinfacht, dann die Verwalter. Ich unterstütze es daher voll und ganz, dass wir bei der Frage, wie wir modernen Wohnraum schaffen, die Verwalter früh in den Prozess einbeziehen.

Sandra Weeser
Mitglied des Deutschen Bundestages

INFORMATION
Sandra Weeser wurde 1969 in Siegen geboren. Die studierte Betriebswirtin ist seit 2013 stellvertretende Landesvorsitzende der FDP Rheinland-Pfalz und seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. Dort sitzt sie seit 2021 dem Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen vor.

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