So können die häufigsten Stolperfallen vermieden werden

Die größten Irrtümer im Energieeinkauf – Teil 2

Rund um den Energieeinkauf kursieren viele Mythen, die zur Bezahlung unnötig hoher Preise führen. Unser BVI-Fördermitglied Hanseatisches Energiekontor hat darum die gängigsten Irrtümer zusammengefasst und gibt Tipps, wie sie vermieden werden können.

„Ich warte, bis mein Liefervertrag ausläuft. Erst dann kümmere ich mich um das Thema.“

Zum 31.12. jeden Jahres laufen viele Lieferverträge aus. Trotzdem kommt das Thema Energie – für Unternehmen traditionell einer der größten Kostentreiber – bei vielen Entscheidern erst im Herbst auf den Tisch. Kein Wunder: Neben dem Kerngeschäft bleibt oft nur wenig Zeit, den Markt zu beobachten und so den „besten“ Einkaufszeitpunkt zu bestimmen. Ist der Markt gegenüber dem aktuell gültigen Preis gefallen, kommt der aktuelle Versorger zudem in den seltensten Fällen proaktiv auf den Kunden zu. Im Gegenteil: Er hofft darauf, dass sich der Vertrag zu gleichen Konditionen verlängert und so die Marktpreisdifferenz zu Gunsten des Versorgers geht. Die Folge: Viele Unternehmen werden erst in letzter Minute tätig. Bei einem Blick auf die Marktentwicklung stellen Geschäftsführung und Einkauf dann oft fest, dass ein früherer Einkaufszeitpunkt deutlich besser gewesen wäre. Hinzu kommen die am Terminmarkt üblichen Risikoaufschläge, die die Energiekosten erst recht in die Höhe treiben.

Tipps für Ihren Energieeinkauf:

Wenn Ihr Vertrag zum Jahresende ausläuft, kündigen Sie ihn vorsorglich, ehe Sie in die automatische Verlängerung rutschen. Ansonsten gilt es ruhig zu bleiben. Selbst in Zeiten von Corona gibt es keinen Grund, sofort ewig lange Laufzeiten zu unterzeichnen. Ein weiterer Tipp: Beschäftigen Sie sich bereits frühzeitig mit dem Thema Energieeinkauf. Denn oftmals ergeben neue Einkaufsstrategien einen höheren Vorteil, wenn die Beschaffung mit einem zeitlichen Vorlauf versehen ist. Wenn Sie das Thema Energieeinkauf dauerhaft vom Tisch haben möchten, sollten Sie einen Blick auf den Kurzfristmarkt Spot werfen. Seit über zwei Jahren sind die Spotmarktpreise gegenüber dem Terminmarkt deutlich im Vorteil. Hier sind Sie also flexibel, transparent und auch günstig versorgt.

„Wir haben einen unabhängigen Energieberater, der uns die besten Angebote besorgt.“

Den „lästigen“ Energieeinkauf an einen externen Berater auslagern und trotzdem immer den besten Preis haben: Was verlockend klingt, ist nicht immer die beste Lösung. Denn vereinzelt berücksichtigen Energieberater bei der Lieferantensuche nur solche Strom- und Gasanbieter, die sie im Vorfeld selbst ausgewählt haben. Unabhängigkeit sieht anders aus. Häufig werden daher ausschließlich Festpreis-Angebote miteinander verglichen. Alternative Modelle, wie eine monatliche Tranchen-Beschaffung oder ein direkter Spotmarktzugang, spielen hingegen gar keine Rolle. Notgedrungen erhält der vermeintlich „beste“ Anbieter den Zuschlag.

Tipps für Ihren Energieeinkauf:

Wählen Sie einen Energieberater, der die Marktentwicklung für Sie im Blick behält und mit Ihnen gemeinsam neue Wege gehen möchte. Überlegen Sie genau, welchen Weg Sie einschlagen möchten. Fragen Sie sich: Was ist mir wichtig? Möchte ich frühzeitig Planungssicherheit haben und trotzdem von Preisschwankungen am Großhandelsmarkt profitieren? Oder möchte ich jede einzelne Preissenkung an der Börse mitnehmen und auch während der Belieferung stets flexibel bleiben? Wägen Sie das Für und Wider sorgfältig ab und wählen Sie Ihren Energieberater entsprechend Ihrer Prioritäten.

„Die ganzen Energieversorger verkaufen doch alle das Gleiche. Der einzige Unterschied ist der Preis.“

Allein in Deutschland gibt es über 1.000 verschiedene Energieanbieter, die laut weit verbreiteter Meinung „alle dieselben Produkte anbieten.“ Der einzige Unterschied demnach: der Preis. Doch während die Großindustrie ihre Strategie permanent an ihren Bedarf oder die aktuelle Marktlage anpassen kann, müssen sich kleinere und mittelständische Unternehmen häufig mit unflexiblen „Produkten von der Stange“ zufrieden geben. Individuelle, flexible und meist auch kostengünstigere Modelle bleiben in der Regel der energieintensiven Großindustrie vorbehalten.

Tipps für Ihren Energieeinkauf:

Viele Anbieter werben zwar mit einem „individuellen und günstigen“ Angebot, haben letztlich aber nur den gleichen, klassischen Festpreis im Portfolio. Genau hinschauen lohnt sich also. Einige wenige Energieanbieter ermöglichen selbst kleinen und mittelständischen Unternehmen einen direkten Börsenzugang. Gehen Sie bei Ihrer Lieferantensuche deshalb möglichst sorgfältig vor. Es gibt Versorger am Markt, die sich auf einzelne Strategien und Kundensegmente spezialisiert haben. Dieser Fokus einzelner Lieferanten kann für Unternehmen deutliche Vorteile bringen, wenn der richtige Kunde mit dem richtigen Versorger spricht. Haben Sie einen passenden Anbieter gefunden, lassen Sie sich gut beraten und verschiedene Modelle aufzeigen.

„Ein Wechsel lohnt sich doch nicht. Wir bleiben besser bei unserem aktuellen Anbieter.“

Ein gutes Verhältnis zum eigenen Lieferanten kann Gold wert sein, wenn der Rahmen stimmt. Denn in der Praxis bringen viele Verträge versteckte Fallen und Preisaufschläge mit sich. Mehr- oder Minderregelungen verpflichten Sie zum Beispiel dazu, die im Vorfeld vereinbarte Energiemenge abzunehmen. Benötigen Sie letztlich aber weniger Energie, müssen Sie Strafe zahlen. In Krisenzeiten können solche Kostenfallen Ihre Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich mindern und Ihnen jegliche Flexibilität nehmen. Mitunter müssen Sie die Pönalen zudem genau dann bezahlen, wenn die wirtschaftliche Lage ohnehin angespannt ist.

Tipps für Ihren Energieeinkauf:

Mit flexiblen Produkten schlagen Sie im Energieeinkauf gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Am kurzfristigen Spotmarkt beispielsweise haben Sie keinerlei Mengenrestriktionen, profitieren von dem in schwierigen Zeiten besonders günstigen Spotpreis und haben durch den direkten Börsenzugang maximale Transparenz. Sie haben also immer die Sicherheit, dass nach einem Wechsel keinerlei Nachteile zum Tragen kommen. Im Gegenteil: Anders als am Terminmarkt können Sie direkt nachvollziehen, welche Preisaufschläge Ihr Versorger vornimmt.

Weitere Irrtümer und Energieeinkaufstipps wurden in Ausgabe 02/2021 des BVI-Magazins vorgestellt.

Henry Möller - www.hanseatisches.de

Quelle: BVI-Magazin Ausgabe 03/2021

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