„Hast du schon gehört?“ – so geht es meistens los. „Kollegin S ist schwanger – die streicht sich im Meeting ständig über den Bauch.“, „Kollege N hat ein Verhältnis mit Kollegin C aus der Nachbarabteilung.“, „Und sag‘ es keinem weiter, aber: Kollege Y hat einen ganz schwierigen Sohn. Der steht jetzt vor Gericht wegen Vandalismus.“.
Die positiven Seiten des Klatsches
Tratsch ist aus der Arbeitswelt kaum wegzudenken. Viele Chefs sehen es oft nicht gern, wenn Mitarbeiter tratschen – schließlich sollten sie in der Zeit, in der sie in der Teeküche stehen und tuscheln, eigentlich arbeiten. Tratsch habe aber durchaus positive Funktionen, sagt Birgit Althans, Professorin von der Leuphana Universität Lüneburg, die eine Kulturgeschichte des Klatsches veröffentlicht hat. So helfe er dabei, in stressigen Situationen Druck abzulassen und sich von eher langweiligen Routineaufgaben abzulenken. Und wenn es bei der Arbeit wieder einmal stressig wird, sorge er oft für Entspannung.
Klatsch schweiße die Klatschenden zusammen, ergänzt der Soziologe Christian Schuldt, der eine Zeit lang für ein Boulevardmagazin geschrieben und später ein Buch zum Thema Klatsch veröffentlicht hat. „Er ist etwas Böses, das Gutes tut.“ Wer gemeinsam über Dritte redet, fühle sich miteinander eng verbunden. Und nebenbei würden bei solchen Gesprächen die Werte ausgehandelt, die in einer Gruppe gelten. Wird über eine Affäre des Kollegen getuschelt, wird damit auch deutlich, dass Affären vom Team nicht akzeptiert, sondern verurteilt werden.
Für denjenigen, den Klatsch trifft, ist er jedoch alles andere als angenehm. Denn: „Klatsch sind negative Informationen über das Privatleben einer Person, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind“, wie Soziologe Christian Schuldt sagt. Und noch eins kommt hinzu: In Zeiten, in denen immer mehr Privates in sozialen Netzwerken veröffentlicht wird, müsse Klatsch tendenziell immer krasser werden, sagt die Psychologin Juliane Dreisbach. Die Informationen müssten häufig schon sehr intim sein, um als Klatsch dienen zu können. Sonst hat der Betroffene den Inhalt gar nicht selten schon selbst ins Netz gestellt.
Die schmale Grenze zwischen Tratsch und Mobbing
Doch wo endet Klatsch – und wo fängt das Gerücht oder sogar Mobbing an? „Klatsch ist unspezifischer als ein Gerücht“, versucht sich Coach Regina Michalik mit einer Definition. Sie hat ein Buch zum Thema Intrigen geschrieben. Klatsch sei quasi eine Art Small-Talk, ein Gerücht richte sich dagegen gezielt gegen eine Person – und werde als Wahrheit verkauft.
Trotzdem: Die Grenze zwischen Tratsch und Mobbing ist schmal, eine rote Linie schnell überschritten. Dann ist es für Chefs Zeit zu reagieren. Das kann zum Beispiel sein, wenn über einen Kollegen gesagt wird, dass er zu viel trinkt. Hier helfe es im ersten Schritt zu überlegen: Wer profitiert davon, dass es dieses Gerücht gibt? Das helfe dabei, den Urheber des Gerüchts auszumachen – und ihn zur Rede zu stellen.
Quelle: www.impulse.de