Der Schallschutz muss nur die zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltende DIN 4109 einhalten. Ein höheres Schallschutzniveau kann sich zwar aus der Gemeinschaftsordnung ergeben, aber nicht aus einem besonderen Gepräge der Wohnanlage.
Für die zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich des Schallschutzes bestehenden Pflichten ist § 14 Nr. 1 WEG einschlägig. Danach ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nur so Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwächst.
Der Fall
Im vorliegenden Fall lag der Trittschallpegel des neu verlegten Parkettbodens mit 59 Dezibel unter der Trittschallgrenze der maßgeblichen DIN 4109 aus dem Jahr 1962 von 63 Dezibel. Bei der Parkettverlegung wurde weder in den Estrich noch in die Geschoßdecke eingegriffen. Der Umstand, dass in der Wohnung über einen langen Zeitraum ein Teppichboden mit einem höheren Schallschutz verlegt war, hatte für den künftig einzuhaltenden Schallschutz keine Bedeutung. Ein Beibehalten des Status quo ante war nicht erzwingbar. Besondere Umstände, die das Schallschutzniveau hätten erhöhen können, lagen nicht vor. Die Gemeinschaftsordnung enthielt keine hinreichend bestimmenden Regelungen, die über den Mindeststandard hinausgingen. Die Baubeschreibung ist, selbst wenn sie erhöhte Schallschutzanforderungen enthält, nicht Teil der Gemeinschaftsordnung. Sie betrifft die zwischen Bauträger und Ersterwerbern geschlossenen Bauverträge und legt die geschuldeten Leistungen fest. Selbst wenn solche Vertragsbestandteile Gegenstand einer stillschweigenden Vereinbarung der ursprünglichen Wohnungseigentümer sind, binden sie die später eintretenden Erwerber mangels Eintragung im Grundbuch (vgl. § 10 Abs.3 WEG) nicht.
Gepräge der Wohnanlage nicht mehr von Belang
Früher hatte der BGH eine Erhöhung des Schallschutzniveaus gegenüber der maßgeblichen Ausgabe der DIN 4109 aufgrund eines besonderen Gepräges der Wohnanlage für möglich gehalten. Dieses Gepräge könne sich aus Umständen, wie denen der Ausstattung oder des Wohnumfeldes ergeben (V ZR 195/11). An dieser Ansicht hält der BGH jetzt nicht mehr fest.
Der Begriff des Gepräges erzeugt ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. Unklar ist, wann eine besondere Ausstattung alle Wohnungen erfassen muss. Die Feststellung der Erstausstattung ist insbesondere bei älteren Gebäuden schwierig. Warum sollte eine Jahre zurückliegende Erstausstattung das Schallschutzniveau prägen, während eine auf den Eigentümer zurückgehende jahrelange Nutzung als „Zufallsausstattung“ unbeachtlich ist?
Bodenbelag Sache des Sondereigentümers
Bei dem vom Eigentümer einzuhaltenden Schallschutzniveau geht es ausschließlich um die Gestaltung des Sondereigentums. Der Bodenbelag ist von wesentlicher Bedeutung für den optischen Eindruck der Wohnung, seine Auswahl steht gemäß § 13 Abs. 1 WEG im Belieben des Sondereigentümers, sofern die Gemeinschaftsordnung nichts Gegenteiliges vorsieht. Der Schallschutz muss in erster Linie durch die im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden. Welcher Bodenbelag bei der Errichtung des Gebäudes vorhanden war, ob dieser durch den Bauträger oder die Ersterwerber bestimmt worden ist und ob er in allen Wohnungen einheitlich war, sind keine geeigneten Kriterien für das über die gesamte Nutzungszeit des Gebäudes einzuhaltende Schallschutzniveau. Dies ergibt sich schon daraus, dass solche Umstände späteren Erwerbern in aller Regel unbekannt sind. Außerdem spricht gegen ein dauerhaftes Gepräge der Anlage, dass sich die geschmacklichen Vorlieben für Bodenbeläge mit der Zeit ändern.
Fazit
Das Schallschutzniveau bestimmt sich nach der maßgeblichen DIN 4109 und nicht nach der Lästigkeit der Geräusche. Ein Unterlassungsanspruch kommt nur bei übermäßiger oder ungewöhnlicher Wohnnutzung in Betracht und scheidet bei Geräuschen, die durch die übliche Nutzung einer Wohnung verursacht werden, aus.
Dr. Olaf Riecke
www.riecke-hamburg.de