Kolumne des Vorstands

Neuer Handlungsspielraum aufgrund des WEMoGs

Chancen für einen Paradigmenwechsel bei Eigentümerversammlungen

Der Verwalter kennt das Problem: Eigentümerversammlungen finden bislang in der Regel in den Abendstunden statt. Erstens, weil Versammlungen nicht zur Unzeit stattfinden sollen, also in der Zeit zwischen 8.00 und 16.00 Uhr, und zweitens aufgrund der Vorstellung vieler Eigentümer, dass man erst ab 19.00 Uhr oder später Zeit hat. Das entspricht so ein wenig der Philosophie „Das haben wir schon immer so gemacht und machen es deshalb auch künftig so.“

Zum Glück haben sich die gesellschaftlichen Verhältnisse geändert. Nicht zuletzt hat uns auch die Erfahrung aus dem letzten Jahr gelehrt, dass nichts für die Ewigkeit ist. Das ist auch gut so.

Die großen Chancen, die uns das neue Wohnungseigentumsgesetz seit dem 01. Dezember 2020 bietet, in Verbindung mit der Digitalisierung – Sie erinnern sich vielleicht an die sog. Vollmachtsversammlungen aus dem Jahr 2020 – müssen wir unbedingt nutzen, um hier einen Paradigmenwechsel bei der Durchführung von Eigentümerversammlungen im Markt zu etablieren. Wir haben also mit dem neuen Gesetz und ein wenig Mut die einmalige Gelegenheit, solange das neue WEG-Gesetz noch „heiß“ ist, Versammlungszeiten völlig neu zu denken und umzusetzen.

In anderen Branchen ist es durchaus üblich, sich an die Geschäftszeiten eines Betriebs oder auch der öffentlichen Verwaltung zu halten. In der heutigen Gesellschaft und nun vor allem mit den neuen Möglichkeiten, die uns Zoom, Microsoft Teams oder viele andere Tools bieten, ist vieles künftig möglich was bisher nicht gegangen ist. Lassen Sie uns also zusammen die Komfortzone „Eigentümerversammlung zur Unzeit“ verlassen und zu neuen Ufern aufbrechen.

Die Argumente für eine Ermöglichung von Eigentümerversammlungen auch in üblichen Bürozeiten sind mannigfaltig: Wohnungseigentümer können nun in einfacher Textform eine Vertretungsvollmacht für die Wohnungseigentümerversammlung erteilen. Viele Eigentümer haben selbst Erfahrungen im Home-Office gemacht. Die Beschlussfähigkeit ist künftig immer gegeben. Und natürlich ist auch über die Preisgestaltung für Versammlungen außerhalb der Bürozeiten des Verwalters ein durchaus interessantes Marketinginstrument anwendbar. Pandemie-bedingt gab es zudem auf allen Seiten einen gewaltigen Digitalisierungsschub. Dieser wird künftig vermehrt zur Online-Teilnahme an hybriden Eigentümerversammlungen führen.

Die Immobilienverwaltung hat also die einmalige Chance, einen Wandel in der Alltagspraxis herbeizuführen, der nicht nur offensichtliche Vorteile für aktive Immobilienverwalter bringt, wie bessere Familienfreundlichkeit und „normalere“ Arbeitszeiten, sondern zugleich auch die Attraktivität des Berufs für junge Jobsuchende deutlich steigert.

Thomas Meier

Präsident BVI e.V.

 

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