Novelle des Telekommunikationsgesetzes und die Folgen in der Praxis

Seit 1. Dezember 2021 ist es in Kraft getreten: das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKMoG). Viele Änderungen haben Auswirkungen auf das Tagesgeschäft, die es zu beachten gilt.

Die eigentliche Idee der Gesetzesnovelle, den Glasfaserausbau zu beschleunigen, die Wahlmöglichkeit eines Anbieters von TV-Angeboten dem Nutzer zu überlassen und generell einen verbesserten Kundenschutz zu gewährleisten, sind grundsätzlich zu begrüßen. Aber die nun geltenden gesetzlichen Regelungen bieten nicht nur Vorteile, sondern bedeuten erst einmal, dass teilweise eine langgeübte Praxis, wie die Abrechnung von Kabel-TV-Entgelten im sogenannten Sammelinkasso (ein Kabel-TV-Vertrag für alle Bewohner einer Liegenschaft – die Verwaltung rechnet dies mit dem Anbieter ab) auf den Prüfstand gestellt werden muss.

Die Möglichkeit, die Kabelentgelte mit den Betriebskosten abzurechnen, entfällt mit der Abschaffung der Umlagefähigkeit nach § 2 Nr. 15 a, b BetrKV zum 30. Juni 2024. Damit sind auf jeden Fall verschiedene Handlungsoptionen zu berücksichtigen.

Wegfall der Umlagefähigkeit

Kommunale Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften sind dabei stärker vom Wegfall der Umlagefähigkeit betroffen, da circa 80 Prozent dieser Unternehmen diese Form der Abrechnung nutzen und nun nach einer Übergangsfrist in der Regel nur noch individuelle Verträge zwischen Anbieter und Kunde abgeschlossen werden sollen. Verwaltungen müssen aber berücksichtigen, dass sie lediglich Wohngeld und keine Betriebskosten abrechnen. Eigentlich könnte damit der „Sammelvertrag“ ohne Weiteres weitergeführt werden, wenn da nicht einzelne Eigentümer einer WEG gegenüber ihren Mietern die Kabel-TV-Entgelte als „Betriebskosten“ abrechnen würden. Um rechtlich korrekt abzurechnen, müsste dieser Eigentümer dann einen separaten Kabel-Vertrag ergänzend zum Mietvertrag mit seinem Mieter abschließen, den dieser wiederum durch ein „Opt-out-Recht“ (§ 71 Abs. 2 TGK-E in Verbindung mit § 56 Abs. 3 TKG-E) nach 24 Monaten Laufzeit monatlich aufkündigen könnte. Zu klären wäre hier, wer das Risiko der Entgeltfortzahlung des weitergeführten Sammelvertrags trägt.

Sonderkündigungsrecht

Der Gesetzgeber hat zur Risikominimierung für die Immobilienwirtschaft ein Sonderkündigungsrecht für solche Bezugsverträge fixiert (§ 230 Abs. 5 TKG-E). Das heißt, wenn ein Gestattungsvertrag, eine Versorgungsvereinbarung oder ein Signalliefervertrag im Sammelvertrag über den 30. Juni 2024 hinaus besteht und keine anderweitigen Regelungen für einen Wechsel zum Einzelinkasso getroffen wurden und die Abrechnung über die Betriebskosten erfolgt, dann gilt das Sonderkündigungsrecht ohne weitere Schadensersatzansprüche. Verständlich, dass die Kabel-TV-Anbieter über diese Regelung nicht begeistert sind.

Ist eine solche Sonderkündigung aber wirklich empfehlenswert? Wichtig wäre es, erst einmal den vorhandenen Versorgungsvertrag zu prüfen, bevor eine Sonderkündigung in Erwägung gezogen wird:

1. Gibt es eine Regelung, die den Übergang von Sammelinkasso zu Einzelinkasso bereits beschreibt oder zumindest Verhandlungen über dieses Thema vorgibt? In
diesem Fall wäre eine Sonderkündigung aller Wahrscheinlichkeit nach nicht möglich.

2. Werden die Entgelte über die Betriebskosten abgerechnet? Dies wäre ein eindeutiges Kriterium, dass eine Sonderkündigung möglich wäre. Bei Wohnungseigen-
tümern wäre aber entscheidend, wie hoch die Anzahl der Eigennutzer versus den Kapitalanlegern ist und wer bereit wäre, die Kosten bei einer Kündigung durch
einzelne Mieter zu tragen.

3. Die wichtigste Frage, die es zu klären gilt, bevor eine Sonderkündigung ausgesprochen wird: Wem gehört das Hausnetz, die sogenannte Netzebene 4? Und damit
einhergehend die Frage: Wie soll eine Versorgung nach dem 1. Juli 2024 gewährleistet werden?

Hier muss Klarheit geschaffen werden, was man möchte. Damit wäre man bei einem weiteren Glanzpunkt der TKG-Novelle: Wie soll das Netz der Zukunft aussehen und wie soll es finanziert werden?

Glasfaserbereitstellungsentgelt

Tatsächlich hat der Gesetzgeber eine Finanzierung neuer Netze im Gesetz explizit geregelt. So können Eigentümer gemeinsam mit einem Netzbetreiber ein neues Glasfasernetz errichten lassen und monatlich fünf Euro Glasfaserbereitstellungsentgelt über die Betriebskosten geltend machen (§ 2 Abs. 15 c BetrKV). Diese fünf Euro können monatlich über einen Zeitraum von fünf Jahren inkassiert werden, in Ausnahmefällen sogar für neun Jahre – ein Instrument zur Refinanzierung, was natürlich im Wohnungseigentum in dieser Form nicht umsetzbar ist. Hinzu kommen weitere Voraussetzungen, die dazu führen, dass Verwaltungen irgendwann die Administration des neuen Glasfasernetzes vornehmen müssten, was sich bei einer zwingenden kostenfreien Öffnung dieser Netze für dritte Anbieter als wenig praktikabel oder wirtschaftlich erweist. Auch eine Modernisierungsumlage bei einer eigenen Errichtung dieses Glasfasernetzes macht bei WEG-Verwaltungen wenig Sinn, zumal hier die Netzverantwortung unmittelbar bei der WEG beziehungsweise der Verwaltung liegen würde. Hier bietet sich eine direkte Zusammenarbeit mit einem Netzbetreiber an, der bereit ist, die Infrastruktur im Haus zu eigenen Lasten vorzunehmen und auch die zukünftige Administration des Netzes zu gewährleisten.

Fazit

Es ist absolut richtig und erforderlich, dass zukünftige Hausnetze mit Glasfaser (FTTH – Fiber-to-the-Home), unabhängig von einem Gebäudeanschluss mit Glasfaser (FTTB – Fiber-to-the-Building) ausgebaut werden. Solange niemand Einstein widerlegt, werden Glasfasernetze mit einer optischen Übertragung das Beste sein, um schnelle und hohe Bandbreiten jedem einzelnen Teilnehmer bereitstellen zu können. Der Weg bis dahin wird nicht einfach sein, da der Gesetzgeber mit seiner TKG-Novelle diesbezüglich keine optimalen Voraussetzungen für Verwaltungen und private Eigentümer geschaffen hat.

Dietmar Schickel
schickel.de

Dietmar Schickel, Jahrgang 1955, gehört zu den Männern der ersten Stunde im deutschen Kabel-TV-Geschäft. Seine Karriere begann er als Marketingleiter in Versicherungs- und Handelsunternehmen. 1986 kam er nach Berlin und baute im Auftrag der Bertelsmann AG eine der ersten regionalen Kabel-Servicegesellschaften in Deutschland auf. 1990 übernahm er für die Tele Columbus Holding die Geschäftsführung „Marketing und Vertrieb“ der Gruppe. 2014 gründete er DSC Dietmar Schickel Consulting, das Immobilienunternehmen aller Art, Stadtwerke und Kommunen in Sachen digitales Quartiersmanagement berät.

Einen Kommentar schreiben
Kommentieren