Man will sichergehen, dass das neue Mitglied in der Lage ist, sich auf dem Vereinsgelände korrekt zu bewegen. Die Platzreife soll Flurschäden ausschließen, ist aber auch dafür gedacht, Verhaltensregeln auf dem Golfplatz zu vermitteln. Dazu zählen ebenso die Grundbegriffe des Vereinszweckes wie die zwischenmenschliche Kommunikation. Wie benehme ich mich im Kreise der Vereinsmitglieder? Wer das versteht, darf mitmachen.
Die Mitgliedschaft in einer Eigentümergemeinschaft hingegen funktioniert ganz anders. Die einzige Hürde ist ein Notarvertrag mit einer Kaufpreiszahlungsverpflichtung. Mit Eintragung ins Grundbuch ist man Mitglied der Gemeinschaft - mit allen Rechten und Pflichten, von denen ein großer Teil der neuen Mitglieder noch nichts gehört hat. Der Zugang zum komplexen Bereich des Wohnungseigentumsrechts ist somit denkbar einfach, die Probleme beginnen erst danach. Die Partnerschaft zwischen Immobilienfachbetreuer und Eigentümer entsteht unfreiwillig. Bei jedem Eigentümerwechsel gewinnt der Verwalter in der Regel einen neuen Kunden hinzu. Die Unfreiwilligkeit der auf Langfristigkeit angelegten Partnerschaft schafft grundsätzlich schon mal Probleme mit den unterschiedlichen Kundentypen, die hier näher betrachtet werden sollen.
Kundentyp - die Ahnungslosen
Fehlende Kenntnisse von Immobilienerwerbern im Bereich Wohneigentum schaffen völlig neue Aufgaben- und Beschäftigungsbereiche für Verwalter. Der oftmals ahnungslose Erwerber ist zunächst völlig irritiert, wenn er vom Verwalter einen Willkommensbrief mit der freundlichen Aufforderung zur Hausgeldzahlung erhält.
Für ihn entsteht folgendes Denkmuster:
a) „Warum gibt es einen Verwalter? So etwas brauche ich nicht.“
b) „Nicht nur, dass der Verwalter überflüssig ist, jetzt will er auch noch Hausgeld und verweist auf die Gemeinschaftsordnung.“
c) „Was ist Hausgeld und was ist eine Gemeinschaftsordnung?“
d) „Ergo: Ich muss betrogen worden sein.“
Das soll dann die Basis für eine langfristige Zusammenarbeit sein. Wohnungseigentümern das erforderliche Mindestwissen zu vermitteln, bindet beim Verwalter enorme Kapazitäten. Und häufig meint er, sich sogar für die Umsetzung des WEG und die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben rechtfertigen zu müssen.
Kundentyp - die semi-erfahrenen Immobilienbesitzer
Besitzen Kunden gleich mehrere Immobilien, glänzen sie auf Versammlungen oft mit vermeintlichem Wissen, das sie bei anderen Eigentümerversammlungen erlangt haben. Oft ist dieses völlig aus dem ursprünglichen Kontext herausgelöst. Sie heben sich durch Aussagen wie „Ich habe ja mehrere Wohnungen.“ und „Mein anderer Verwalter macht das ganz anders.“ hervor. Über das „Mein Verwalter“, also die im vorigen Jahrhundert noch gebräuchliche Bezeichnung der Stellvertreter der Gutsherren – der Verwalter des Grundbesitzes – könnte man diskutieren. Tatsächlich findet die „Gutsherrenart“ in der Praxis laufend Anwendung. Unterschiedliche Aussagen der Immobilienverwalter werden von den Kunden oft zum eigenen Vorteil ausgelegt. Die Kapazitäten des Verwalters werden auch hier nicht unerheblich durch überflüssige „Fachdiskussionen“ auf unterschiedlichem Niveau in Anspruch genommen.
Kundentyp - der Internetprofi
Dieser Kundentyp hebt sich durch zahl- und umfangreiche E-Mail-Anfragen mit seitenlangen Anhängen, die internetbasierte Abhandlungen zum Wohnungseigentumsrecht enthalten, heraus. „Ich war im Internet.“ ist der dezente Hinweis darauf, dass der Immobilienfachverwalter das auch mal tun solle, um endlich fundiert Auskunft geben zu können. Schließlich bezahle man ihn dafür.
Die wertvollen Kapazitäten des Verwalters werden durch Klarstellungen und Berichtigungen der übermittelten, teilweise völlig veralteten Rechtsprechung gebunden.
Lösung in Sicht?
Verwalter verwalten. Das trifft den Kern. In vielen Verwaltungsunternehmen fehlt auch aus den oben genannten Gründen die Zeit, um hochwertige und fundierte Immobilienbetreuungsarbeit zu leisten. Diese wird aber geschuldet und ist ja von den Verwaltern auch gewollt. Aber ca. 80 Prozent der bundesdeutschen Immobilienfachverwaltungen liegen aus kalkulativer Sicht unter dem Soll. Ein Umstand, der nicht zuletzt der permanenten Neuerfindung des Rades in den Bereichen WEG-Verwaltung und WEG-Recht geschuldet ist.
Die Golfvereine machen es vor – eine Reifeprüfung ist gefragt. Es klingt vielleicht seltsam, aber für Wohnungseigentümer hätte diese schon längst eingeführt werden sollen. Eine solche würde erheblich zu einer zufriedenstellenden, langfristigen Partnerschaft beitragen. Noch ein Vorschlag zum Schluss: eine fundierte Informationskampagne „Was blüht mir als Wohnungseigentümer?“. Diese würde so manche Kaufentscheidung vielleicht anders ausfallen lassen. Ärger innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft und mögliche finanzielle Unwägbarkeiten für den Neukäufer würden vermieden werden. Gut organisierte Eigentümergemeinschaften mit homogener Eigentümerstruktur und einem Profiverwalter an ihrer Seite sind gefragt. Die Reifeprüfung für Wohnungseigentümer als Kriterium für die Bestimmung von Immobilienwerten ist zwar nur eine Vision, sie könnte aber so einiges Ungemach in Eigentümergemeinschaften verhindern.
Martin Metzger
Vorstandsmitglied BVI e.V.