Praxistipps

Was auf keiner Tagesordnung einer Eigentümerversammlung fehlen sollte

Wie in nahezu jedem Jahr sehen sich die Verwalter auch im Jahr 2023 mit einer Vielzahl von Anforderungen konfrontiert, die meist einen Beschluss der Eigentümerversammlung (ETV) erfordern. Dabei gilt es einerseits, Fristen zu wahren und Klarheit zu schaffen, und andererseits, Unsicherheiten auf Seiten der Eigentümer, aber auch in der täglichen Verwalterarbeit abzubauen.

Haftungsrisiken vermeiden

Wer es noch nicht getan hat, sollte zum Beispiel mit seinen Eigentümergemeinschaften eine Regelung der Kompetenzen im Innenverhältnis nach § 27 (2) Wohnungseigentumsgesetz (WEG) klären und per Beschluss definieren. Fehlt diese Regelung, besteht jeweils das Spannungsverhältnis, dass die Vertretungsmacht im Außenverhältnis unbegrenzt, im Innenverhältnis aber ungeklärt – und damit haftungsanfällig – ist.

Vorbereitet sein auf das, was kommt

Empfehlenswert ist zudem aufgrund der weiter steigenden Nachfrage, einen entsprechenden Beschluss zur Genehmigung sogenannter Balkonkraftwerke vorzubereiten. Die Hersteller versprechen hier meist eine einfache Montage. In der Praxis einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) gilt es dabei allerdings, eine Vielzahl von Fallstricken zu vermeiden, stellt die Montage einer solchen Anlage doch eine bauliche Veränderung dar, die einer sehr genauen Definition bedarf. Vor allem, wenn man darüber nachdenkt, die Genehmigung mit einem Vorratsbeschluss unter Beachtung diverser Kriterien für alle, und nicht nur für den Einzelfall, genehmigen zu lassen.

Beim Thema Balkonkraftwerk sind wir sehr schnell bei der energetischen Sanierung insgesamt. Diese ist in der Regel – genau wie die „klassische“ Erhaltung – kostenintensiv und vor dem Hintergrund der allgemeinen Kostenentwicklung der letzten Monate als Sonderumlage nicht für jeden ohne Weiteres zu bewältigen. Daher wäre es ratsam, sich die Rücklagen anzusehen und gegebenenfalls einen Beschluss zur Erhöhung der Rücklagenzuführung einzuplanen.

Gesetzliche Vorgaben erfüllen

Wichtig ist außerdem, alle bisher eventuell noch nicht umgesetzten gesetzlichen Anforderungen zu berücksichtigen und fristgerecht beschließen zu lassen. Haben Sie beispielsweise die Pflicht zum hydraulischen Abgleich „auf dem Schirm“?

Für alle Wohngebäude ab zehn Wohneinheiten muss dieser bis spätestens 30. September 2023 durchgeführt worden sein, für Wohngebäude ab sechs Wohneinheiten gilt die Frist September 2024. Das ist sicherlich leichter gesagt als getan, herrscht doch überall ein großer Handwerkermangel. Was also tun, wenn die gemäß Rechtsprechung erforderlichen Angebote nicht rechtzeitig oder zunächst gar nicht zu beschaffen sind?

An dieser Stelle öffnet uns § 23 (3) WEG eine Möglichkeit zur Lösung mit Hilfe eines Umlaufbeschlusses. Steht der Punkt zur Beschlussfassung auf der Tagesordnung, fehlen aber Informationsgrundlagen oder sehen sich die Eigentümer nicht in der Lage, im Rahmen der ETV einen entsprechenden Beschluss zu fassen, kann ein Absenkungsbeschluss gefasst werden. Dieser legt fest, dass die Entscheidung im Rahmen eines Umlaufbeschlusses mit einfacher Mehrheit getroffen wird. Um jedem Anfechtungsrisiko aus dem Weg zu gehen, wäre es ratsam, diese Möglichkeit ganz grundsätzlich bei jedem Tagesordnungspunkt explizit in der Tagesordnung zu benennen. So wird eine vermeintlich unerwartete Konfrontation der Eigentümer vermieden.

Zeitraubende Wiederholungen vermeiden

All diese Punkte stellen bereits einen großen zeitlichen Aufwand in der Vor- und der Nachbereitung sowie in Form von eventuell notwendigen Erklärungen in der ETV dar. Hinzu kommen die objektspezifischen individuellen Anforderungen, die ebenfalls erfüllt werden müssen. Kommt nun noch etwas objektiv vollkommen Unnötiges dazu, sprengt dies endgültig den Rahmen. Jeder Verwalter wird kennen, was nun folgt: die wiederholte Aufnahme von bereits behandelten und entschiedenen Punkten innerhalb kürzester Zeitspannen, weil einzelne Parteien das Votum der Mehrheit nicht akzeptieren möchten.

Bei der Verwaltung von Wohnungseigentum ist dies juristisch betrachtet vollkommen in Ordnung. In anderen Bereichen, zum Beispiel der öffentlichen Verwaltung, gibt es Fristen, innerhalb derer ein behandelter Punkt nicht erneut behandelt werden darf. Wäre es nicht sinnvoll, dies auch in der Verwaltung der GdWE zu regeln? Dies ist problemlos über einen Beschluss möglich und ist mein abschließender Tipp: In Anlehnung an die öffentliche Hand sollte ein Beschlusspunkt aufgenommen werden, der regelt, dass Beschlussgegenstände, die bereits behandelt wurden, frühestens nach Ablauf von sechs Monaten erneut in einer ETV behandelt werden dürfen. Die sechs Monate sind dabei angelehnt an die Gemeindeordnung öffentlicher Kommunen in Rheinland-Pfalz (jedes Bundesland hat dazu eigene Regelungen). Denkbar wäre auch eine längere Frist von beispielsweise einem Jahr. Eine entsprechende Beschlussvorlage kann nach Anmeldung im Mitgliederbereich der BVI-Website in der Rubrik „Leistungen – Arbeitshilfen – Vertrags- und Formularmuster“ heruntergeladen werden:
bit.ly/3Zs0tOq.

PETER NAHLENZ
Nahlenz Immobiliengesellschaft Saarpfalz mbH
www.nahlenz.de

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