Ein erstes Resümee

Vier Monate WEG-Reform

Seit Inkrafttreten des WEMoGs hat sich für Immobilienverwalter vieles geändert. Wir haben uns bei verschiedenen Akteuren der Branche – Verbänden, Immobilienverwaltern und Rechtsexperten – umgehört, welche Änderungen in der Alltagspraxis am meisten wahrgenommen werden, was die aktuell größten Herausforderungen sind und welche Vor- und Nachteile mit der WEG-Reform bereits zu bemerken sind.

Thomas Meier, Präsident des BVI Bundesfachverband der Immobilienverwalter e.V.:

Auch aufgrund des Lockdowns fehlen noch viele Erfahrungswerte. Tendenzen sind allerdings schon erkennbar: So trennen sich Wohnungseigentümergemeinschaften schneller von ihren Verwaltern. Dies wird die Branche ein Stück weit verändern und auch zu einem zwangsläufig höheren Professionalisierungsgrad führen. Ein bereits absehbares Dauerbrennthema ist die E-Mobilität. Hier wurden leider viele Dinge nicht zu Ende gedacht. Das Resultat: Der Verwalter wird zum Überbringer der schlechten Nachricht, dass die Installation der Ladeinfrastruktur deutlich komplizierter und teurer wird, als von Wohnungseigentümern erwartet. Das belastet das Verhältnis. Das neue WEG bietet aber auch eine großartige Chance: Eigentümerversammlungen können, mit den zwar noch nicht ausgereiften aber nun vorhandenen Möglichkeiten der Online-Teilnahme, endlich auch zu Bürozeiten des Verwalters stattfinden. Das vergangene Jahr hat bewiesen, dass es möglich ist. Nun müssen wir diesen Weg weiter gemeinsam gehen.

 

Dr. Felix Wobst, Notar:

Das WEMoG beschäftigt mich schon seit einiger Zeit. Während meiner Abordnung an das Bundesjustizministerium durfte ich an dem Gesetzentwurf mitarbeiten, inzwischen wende ich das neue Recht als Notar an. Aus notarieller Sicht bringt es deutliche Erleichterungen. Es stärkt das Grundbuch und erweitert die Gestaltungsmöglichkeiten, indem auch an Stellplätzen und Freiflächen Sondereigentum begründet werden kann. Die Verbesserungen z.B. im Bereich der Beschlussfassung, des Finanzwesens und nicht zuletzt der baulichen Veränderungen führen dazu, dass abweichende Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung nur noch dort vorzusehen, wo sie wirklich gebraucht werden. Weil vieles ganz neu ist, hakt die Abwicklung mit den Baubehörden und Grundbuchämtern manchmal noch etwas, aber das wird sich mit der Zeit legen.

 

Cornelia Hopf-Lonzen, Cornelia Hopf Immobilien GmbH & Co. KG:

Das WEMoG brachte den großen Vorteil der Digitalisierung Es erleichtert Immobilienverwaltern mit der Zeit zu gehen, moderner handeln zu können und vor allem, unseren Eigentümern die Wichtigkeit umweltbewussten Handelns im Gebäudesektor näher zu bringen. Ich sehe aber noch viel Ausbaupotenzial bei der Präzisierung der Änderungen, die das WEMoG mit sich gebracht hat. Die Ziele, die aufgrund des neuen WEG-Gesetzes erreicht werden sollen, sind zum Teil nicht deutlich formuliert, was zugleich auch eine große Hürde in der Kommunikation mit den Eigentümern darstellt. Viele Eigentümer sind durch unklare Informationen in heller Aufregung und verfügen über gefährliches Halbwissen. Unsere aktuell größte Herausforderung besteht darum darin, den Eigentümern zu erklären, was einfach umsetzbar ist und was tatsächlich auf dem Beschlussweg erarbeitet werden muss – ohne dabei in die Haftungsfalle zu geraten.

 

Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.:

Die im Kern gelungene Reform entschlackt das WEG-Recht an vielen Stellen. Vor dem Hintergrund, dass wir dichter planen und bauen müssen, um insgesamt mehr Wohnraum zu schaffen, muss die Eigentumswohnung an Attraktivität gewinnen. Die Vereinfachungen und Anpassungen werden vielen potenziellen Käufern die Angst vor dem Eintritt in eine WEG nehmen können. Auch wenn wir begrüßen, dass die Schaffung von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität vereinfacht wird, liegt hier der Schwachpunkt der Reform. Ein, zwei Ladepunkte sind im Bestand technisch oft kein Problem, der Punkt, an dem der herkömmliche Hausstromanschluss nicht mehr die erforderliche Leistung bringt, ist aber schnell erreicht. Dann stellt sich die Frage, wer dann für die Trafostation und weitere notwendige technische Maßnahmen die erforderliche, zumeist sechsstellige, Summe aufbringt.

 

Cathrin Fuhrländer, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, WIR Jennißen und Partner:

Viele Verwalter haben sich bereits intensiv mit den Neuerungen des Wohnungseigentumsgesetzes auseinandergesetzt. Allerdings sind mit der WEG-Reform wirklich grundlegende Änderungen in der Gesamtstruktur des Wohnungseigentumsgesetzes vorgenommen worden, deren Auswirkungen sich erst in der Praxis zeigen werden. Ein direkt spürbarer Vorteil ist sicherlich, dass jede Eigentümerversammlung beschlussfähig ist. Gerade in der derzeitigen Situation wären sonst viele Eigentümerversammlungen schlichtweg nicht möglich. Für die Zukunft wird ein weiterer Vorteil die Möglichkeit der Online-Teilnahme sein, auch wenn es den Verwalter vor weitere Herausforderungen stellt. Ein Nachteil ist sicherlich, dass noch eine große Rechtsunsicherheit herrscht, was nach der WEG-Reform jetzt vom Verwalter zu erfüllen ist, wer welche Rechte gegen wen geltend machen kann und insbesondere auch, wie mit den Altverfahren umzugehen ist, die noch bei Gericht anhängig sind, jedoch nach dem 1.12.2020 dem neuen Recht unterliegen.

 

Thomas Krieg, Thomas Krieg Hausverwaltung

Das WEMoG brachte einen wahren „Digitalisierungs-Booster“. Einerseits wird die Möglichkeit der hybriden Eigentümerversammlung zu einer Veränderung der Versammlung führen, andererseits bauen wir im Zuge der gesetzlichen Neuerungen auch unsere Kommunikation per E-Mail sowie über unser Kundenportal weiter aus. Gerade im Hinblick auf Umlaufbeschlüsse setzen wir nun die Textform um. Erfreulicherweise ist nun die Außenvollmacht besser geregelt, z.B. bei einer Kontoeröffnung, bedauerlich ist hingegen, dass Abgrenzungen beim Thema Jahresabrechnung nicht mit aufgenommen wurden. Lange Diskussionen erwarte ich rund um „gerechte“ Verteilerschlüssel. Hier wird auf die Buchhaltung aber vor allem auf Unternehmen bei Verwaltungsübernahmen deutliche Mehrarbeit zukommen. Auch sehen wir bereits, dass wir nun vieles anders erklären müssen, als in den vorangegangenen Jahren, wenngleich einige Eigentümer und Beiräte schon gut über das WEMoG informiert sind.

 

Markus Jugan, Vizepräsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD, Vorsitzender des Bundesfachausschusses Verwalter

Die Änderungen, die mit Inkrafttreten der Novelle auf die Eigentümer und Verwalter zugekommen, sind enorm. Darum stehen Schulung und Beratung derzeit im Vordergrund. Als eine große Herausforderung kristallisiert sich zum Beispiel die Online-Teilnahme an einer Eigentümerversammlung heraus. Was in der Praxis einfach klingt, ist in der Umsetzung hoch komplex. Hierzu erreichen uns derzeit die meisten Anfragen. Hilfestellung benötigen Eigentümer und Verwalter beispielsweise bei den Fragen um die technische Ausstattung, aber auch, wenn es um den Inhalt der Beschlussfassung und der rechtskonformen Durchführung der Eigentümerversammlung mit der Ausübung von Stimm-, Rede- und Fragerechten geht. Wir arbeiten derzeit intensiv an Lösungsvorschlägen für die Verwalter. Nachbesserungsbedarf sehen wir bei Paragraf 26 Abs. 3 WEMoG. Der Paragraf regelt, dass der Verwalter, ohne triftige Gründe jederzeit abberufen werden kann – und das mit einer maximalen Honorarforderung von sechs Monaten nach der Abberufung. Das ist aus unserer Sicht ein Eingriff in das allgemeine Vertragsrecht. Wenn neben der Bestellung ein Vertrag für eine Laufzeit von „X“ Jahren vereinbart wird, dann muss dieser Vertrag auch für die vereinbarte Laufzeit gelten, es sei denn, dass der Vertragspartner schuldhaft gegen die vertraglichen Pflichten verstößt.

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