Aktuelles aus der WEG-Rechtsprechung

Kostenverteilung, bauliche Maßnahmen, Eigentümerversammlungen – Dr. Olaf Riecke hat für Sie eine Auswahl der neuesten Urteile zum Wohnungseigentumsrecht zusammengefasst.

Kostenverteilung

Ist mit einer Erhaltungsmaßnahme ein Beschluss über die Verteilung der Kosten getroffen worden, steht einer späteren Änderung des Kostenverteilerschlüssels in der Regel schutzwürdiges Interesse der Eigentümer entgegen.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 15. Dezember 2022, 2-13 S 20/22

Bauliche Maßnahmen

Sondereigentümer haben bei Beschlüssen über die Durchführung baulicher Veränderungen i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 WEG ein weites Ermessen, das durch den Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung beschränkt wird. Wenn der Gestattungsbeschluss die Installation einer elektrischen Ladestation mit einer Auflage lediglich an die „Vorlage eines aussagefähigen Angebots eines Fachbetriebes“ knüpft, wobei die entsprechenden Unterlagen dem Verwalter vorzulegen, von diesem zu prüfen und hiernach gegebenenfalls zu genehmigen sind, begegnet dies durchgreifenden Bedenken.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 22. Dezember 2022, 2-09 S 31/22

Die erstmalige plangerechte Herrichtung eines Gebäudes stellt keine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 WEG 
a. F. dar, sondern eine Instandsetzung (Erhaltung), mit der die Planwidrigkeit behoben wird. Dies gilt auch für das neue Recht entsprechend.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. Oktober 2022, 2-09 S 41/21

Eigentümerversammlung

Ein vom Stimmrecht ausgeschlossener Miteigentümer darf nicht auf die Beschlussfassung Einfluss nehmen. Er darf deshalb auch nicht Stimmrechtsvollmachten anderer Eigentümer ausüben.
LG München I, Beschluss vom 15. November 2022, 36 S 5288/22

Beschlüsse, die während der Corona-Pandemie auf einer sogenannten „Ein-Personen-Versammlung“ gefasst worden sind, auf der die Eigentümer nur die Möglichkeit hatten, sich vom Verwalter vertreten zu lassen, sind nicht nichtig. Sie können aber anfechtbar sein, ohne dass es auf eine Kausalität des Ladungsmangels ankommt.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 2. Februar 2023, 2-13 S 60/22

Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan

Ein Wohnungseigentümer, der Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer getilgt hat, kann von den anderen Eigentümern auch dann keine unmittelbare (anteilige) Erstattung seiner Aufwendungen verlangen, wenn er später aus der Gemeinschaft ausgeschieden ist; das gilt auch bei einer zerstrittenen Zweiergemeinschaft.
BGH, Urteil vom 25. März 2022, V ZR 92/21, ZMR 2022, 569

Abberufung des Verwalters

Auch nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht besteht ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Abberufung des Verwalters nur dann, wenn die Ablehnung der Abberufung aus objektiver Sicht nicht vertretbar erscheint.

Ob ein Abberufungsanspruch gegeben ist, hat der Tatrichter auch nach neuem Recht in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und aller gegen den Verwalter erhobenen Vorwürfe zu prüfen. Mit welchem Gewicht länger zurückliegende Geschehnisse zu berücksichtigen sind, entzieht sich einer allgemeinen Betrachtung; allgemeingültige zeitliche Grenzen, jenseits derer Pflichtverletzungen des Verwalters unbeachtlich sind, gibt es nicht.

Seit dem 1. Dezember 2020 kann der Verwalter jederzeit abberufen werden; entgegenstehende Regelungen in der Gemeinschaftsordnung sind unwirksam geworden. Wird der Verwalter abberufen, endet der mit ihm geschlossene Vertrag spätestens sechs Monate nach der Abberufung; entgegenstehende Vereinbarungen im Verwaltervertrag sind ebenfalls unwirksam geworden.
BGH, Urteil vom 25. Februar 2022, V ZR 65/21, ZMR 2022, 463

Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche

Gibt die Teilungserklärung einer Anlage, zu der sowohl Wohnungs- als auch Teileigentumseinheiten gehören, 
innerhalb eines Gebäudes eine räumliche Trennung von Wohnen und Gewerbe vor, stört die Wohnnutzung einer Teileigentumseinheit in dem der gewerblichen Nutzungsvorbehaltenen Gebäudeteil bei typisierender Betrachtung regelmäßig mehr als die vorgesehene Nutzung.
BGH, Urteil vom 15. Juli 2022, V ZR 127/21, ZMR 2022, 900

Die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum (hier: nach § 439 Abs. 1 BGB) fallen nicht unter die Ausübungsbefugnis gemäß § 9a Abs. 2 WEG. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann solche Rechte auch nach der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes weiterhin durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen; die Kompetenz für einen solchen Beschluss folgt aus § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG.
BGH, Urteil vom 11. November 2022, V ZR 213/21

Dr. Olaf Riecke
weiland Richter am 
Amtsgericht Hamburg-
Blankenese
[email protected]

 

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