Balkonkraftwerke als Gemeinschaftslösung – 
ein Praxisbeispiel einer WEG in Bornheim bei Bonn

Energiewende auf dem Balkon?

Nicht jeder hat Platz für eine große Solaranlage auf dem Dach. Deshalb werden sogenannte Balkonkraftwerke immer interessanter. Schnell an der Fassade montiert – und los geht es! Doch ist das wirklich so leicht in einer Wohnungseigentümergemeinschaft? Gibt es vielleicht sogar eine bessere Lösung?

Zuerst einmal eine Begriffsbestimmung: Ein „Balkonkraftwerk“ ist eine Mini-Photovoltaikanlage, die aus zwei Solarmodulen (ca. 175 x 110 cm) und einem Wechselrichter besteht. Der Gesetzgeber bezeichnet eine solche Anlage als „Steckersolargerät“.

Technik und Kosten

Das Balkonkraftwerk darf über eine herkömmliche Steckdose angeschlossen werden, solange die Haustechnik auf dem neuesten Stand und ein NA- oder FI-Schutzschalter vorhanden ist. Für höchste Sicherheit sollte jedoch ein Wieland-Stecker verwendet werden.

Der erzeugte Strom wird ins Hausnetz eingespeist; nicht verbrauchter Strom geht dagegen ins öffentliche Netz. Derzeit sind in Deutschland nur Balkonkraftwerke mit höchstens 600 Watt erlaubt. Wird mehr erzeugt, drosselt der Wechselrichter die Anlage auf den Maximalwert.

Ein Balkonkraftwerk kostet im Fachhandel derzeit zwischen 500 und 1.200 Euro; mittlerweile findet man diese Geräte sogar beim Discounter. Bereits nach fünf Jahren amortisiert sich eine Anlage, abhängig vom eigenen Stromverbrauch und Solarertrag. In vielen Bundesländern und Kommunen gibt es zudem Förderungen für solche Mini-Photovoltaikanlagen.

Lohnt sich die Einspeisevergütung?

Seit dem 30. Juli 2022 gibt es höhere Vergütungssätze für die Einspeisung des selbst erzeugten Stroms: Bis zu einer Spitzenleistung von 10 kWp erhält man als „Teil-Einspeiser“ je eingespeister Kilowattstunde 8,2 Cent; für „Voll-Einspeiser“ gibt es sogar 12 Cent. Doch auch wenn die Vergütungssätze gestiegen sind, lohnt sich die Einspeisevergütung noch nicht. Am meisten profitieren Sie bei kleinen Photovoltaikanlagen dann, wenn Sie den erzeugten Strom vollständig selbst verbrauchen.

Seit Beginn dieses Jahres entfällt durch eine Gesetzesänderung die Mehrwertsteuer für Balkonkraftwerke, was die Dauer der Amortisation senkt. Solarmodule, Wechselrichter, Stromspeicher, Kabel und Halterungen sind jetzt in der Anschaffung also deutlich günstiger. Außerdem will die Bundesregierung noch in diesem Jahr die gesetzlichen Regelungen für Balkonkraftwerke vereinfachen:

  • Die Bagatellgrenze soll bei 800 und nicht mehr 600 Watt 
 liegen.
  • Jeder Stromzähler soll für Balkonkraftwerke erlaubt sein. 
 Zähler sollen im Rahmen der Bagatellgrenze auch rückwärts laufen dürfen.
  • Die Anmeldung von Mini-Energieerzeugungsanlagen soll 
 vereinfacht werden.
  • Aufgrund der Erhöhung der Bagatellgrenze soll der Einsatz eines Schuko-Steckers bis 800 Watt erlaubt sein.

Rechtliche Hürden bei Montage und Nutzung

Wird die Anlage an der Balkonbrüstung, an der Außenwand oder auf dem Dach montiert, handelt es sich um eine bauliche Veränderung. Dafür ist die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft erforderlich. Das Amtsgericht Konstanz gab deshalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft recht, denn die von einem Eigentümer installierte Mini-Solaranlage auf dem Balkon beeinträchtigte die Optik der Fassade (AG Konstanz, Urteil vom 2. Februar 2023, Az. 4 C 369/22). Auch eine Blendung durch die Module ist möglich. So musste ein Ehepaar aus Neustadt auf Anweisung des Landgerichts Frankenthal seine Mini-Solaranlage zwar nicht entfernen, aber neu ausrichten (LG Frankenthal, Urteil vom 12. August 2022, Az. 9 O 67/21).

Ein weiteres Urteil: Hat ein Vermieter der Installation eines Kraftwerks nicht zugestimmt, steht ihm ein Anspruch auf Beseitigung zu, allerdings nur aus triftigem Grund. Ist die Anlage baurechtlich zulässig, optisch nicht störend, leicht rückbaubar, fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache installiert und für die Energiewende vorteilhaft, muss der Vermieter die Anlage dulden, entschied das Amtsgericht Stuttgart (AG Stuttgart, Urteil vom 30. März 2021, Az. 37 C 2283/20).

Rein in die Praxis

Aufgrund dieser rechtlichen Hürden stellt sich also die Frage: Gibt es nicht auch eine gemeinschaftliche Lösung für alle Eigentümer, die keine optische Beeinträchtigung zur Folge hat – und wie könnte eine solche Lösung aussehen? Wie das tatsächlich gehen kann, zeigt ein Beispiel einer Wohnungseigentümergemeinschaft aus Bornheim bei Bonn: Auf dem Flachdach ist genug Platz für alle Eigentümer, die eine Mini-Solaranlage betreiben wollen. Dort lassen sich die Module perfekt ausrichten, stören niemanden und beeinträchtigen auch nicht die Optik. Zudem gibt es auf dem Dach keine Abschattungen, sodass alle Wohnungen denselben Solarertrag erwarten dürfen. Und Platz für Erweiterungen ist auch, sobald die Bagatellgrenze angehoben wird. Eigentlich perfekt – doch wie kommt der dort erzeugte Strom in die einzelnen Wohnungen?

Über einen nicht genutzten Kaminschacht werden sämtliche Kabel vom Dach in den Keller geführt – auf demselben Weg wie die Signalleitung der gemeinschaftlichen Satellitenempfangsanlage. Im Keller angekommen, werden alle Leitungen auf den zugehörigen Wechselrichter der Wohnung aufgelegt. Von hier aus ist es nun nicht mehr weit bis in den Elektroanschlussraum, von dem die 230 Volt in die Stromkreise der einzelnen Wohnungen eingespeist werden.

Acht Wohnungen versorgt die Anlage in Bornheim mit selbst erzeugtem Solarstrom. Dabei werden die einzelnen Wechselrichter per Internetverbindung überwacht, um Störungen rechtzeitig zu erkennen. Und eine App zeigt jedem Eigentümer die erzeugte Leistung in Echtzeit an – modern, mobil und übersichtlich.

Da alles der Fachmann installiert hat und keine individuelle Bastellösung ist, die den Sicherheitsanforderungen möglicherweise nicht genügt oder die Ästhetik stört, drohen auch keine technischen oder rechtlichen Probleme.

In nicht einmal zwei Monaten nach Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung errichtet, hat die Mini-Photovoltaikanlage mit Montage und Anmeldung beim Netzbetreiber rund 1.500 Euro je Wohnung gekostet – angesichts der 
sicherlich weiter steigenden Energiekosten eine lohnende Investition in die Zukunft.

Für jede selbst erzeugte Kilowattstunde werden überdies rund 500 Gramm schädliches Kohlendioxid eingespart. Jede noch so kleine Solaranlage hilft damit, nachhaltige Energien voranzutreiben. Die Energiewende mit Mini-Photovoltaikanlagen im Wohnungseigentum? Es geht!

Dr. Guido Marx
dr-marx@vvv-immobilien.de

Dr. Guido Marx hat als ehemaliger Geschäftsführer der GEBE ImmobilienManagement GmbH langjährige Erfahrung in der Verwaltung von Immobilien und unterstützt noch heute innovative Projekte von Wohnungseigentümergemeinschaften. Viele Mitglieder des BVI kennen ihn auch noch aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Rechnungsprüfer des Verbands.