Heizkostenverordnung vs. Datenschutz

Die seit dem 1. Dezember 2021 geltende Heizkostenverordnung bereitet so manchem Eigentümer und Vermieter, aber auch Verwalter Kopfzerbrechen. Gemäß § 6b darf die Verbrauchserfassung aus einem fernablesbaren Gerät nur der Gebäudeeigentümer oder ein beauftragter Dritter verarbeiten. Und weiter müssen Eigentümer den Mietern die monatlichen Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen übersenden.

Das heißt, der Mieter muss sich nicht selbst bemühen und die Informationen suchen. Der Vermieter hat die Pflicht, aktiv die Verbrauchsinformationen zu übermitteln, beispielsweise mit einem Brief oder elektronisch. Manche Messdienstleister bieten an, die Informationen an den Mieter per E-Mail zu übersenden. Aber auch Webportale – zum Beispiel vom Messdienstleister – können die Informationen so zugänglich machen, dass der Brief obsolet wird. Wichtig dabei ist, dass der Mieter immer darüber informiert wird, dass eine neue Mitteilung zu seinen Informationen auf dem Portal zur Verfügung steht. Allerdings gibt es einen kleinen Haken.

Die E-Mail-Adresse des Mieters und die Erforderlichkeit

Wie meldet sich der Mieter beispielsweise am Webportal an? Woher bekommt der Messdienstleister die E-Mail-Adresse, damit er beispielsweise die Zugangsdaten mitteilen kann? Denn streng genommen ist die Verarbeitung (Nutzung oder Weitergabe) der E-Mail-Adresse zu diesem Zweck nicht erforderlich, da die Verbrauchsinformationen eben über den Brief zur Verfügung gestellt werden könnten. Im Datenschutz spricht man von einem milderen Mittel: Die Erforderlichkeit zur Verarbeitung der E-Mail-Adresse ist dann gegeben, wenn kein milderes Mittel zur Verfügung steht, um den entsprechenden Zweck mit gleicher Sicherheit zu erreichen oder zu verwirklichen (vgl. Plath DSGVO/BDSG Kommentar Art. 6 DSGVO Rn 56). Aber ist die postalische Übersendung wirklich ein milderes und vor allem wirtschaftlicheres effizientes Mittel? Eigentlich nicht. Sie hat einen wesentlich höheren Verarbeitungsaufwand, ist alles andere als kostengünstig und zudem nicht im Sinne des Klimaschutzes. Also dann doch via E-Mail? Es herrscht große Unsicherheit darüber, ob man denn nun die E-Mail-Adresse des Mieters ohne Weiteres nutzen kann und diese an den Messdienstleister weiterleiten darf.

Fallkonstellation: Vermieter und Mieter

Wurde beispielsweise zwischen Vermieter oder Mietverwalter und Mieter bereits vorher via E-Mail korrespondiert und ist dadurch eine verifizierte E-Mail-Adresse des Mieters bestätigt, können über diesen Weg die Verbrauchsinformationen mitgeteilt werden, sofern der Mieter hier nicht widersprochen hat. Hier hilft beispielsweise der Erwägungsgrund 47, der besagt, dass beispielsweise das Verhältnis zwischen dem Vermieter und dem Mieter für die Weitergabe der E-Mail-Adresse entscheidend sein kann. Denn beide stehen in einer engen Beziehung, weil der Mieter ein „Kunde“ des Vermieters ist. Je enger diese ist, desto eher kann man die Weitergabe (Verarbeitung) der E-Mail-Adresse auf den Tatbestand stützen (vgl. Plath DSGVO/BDSG Kommentar
Art. 6 DSGVO Rn 57). Verfügt der Mietverwalter oder der Vermieter nicht über eine verifizierte E-Mail-Adresse, so muss diese beim Betroffenen selbst eingeholt werden. Eine Erhebung über Dritte und die spätere Nutzung sind datenschutzrechtlich äußerst problematisch. Das heißt, die Verbrauchsinformationen können an die beim Vermieter oder Mietverwalter hinterlegte E-Mail-Adresse übersendet werden. Eine gesonderte Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO) dürfte nicht erforderlich sein. Nicht vergessen: Wir sprechen hier von einer klassischen Mietverwaltung.

Fallkonstellation: WEG-Verwalter und Mieter

Auch einer WEG-Verwaltung dürfte die Übersendung der Verbrauchsinformationen an den Mieter möglich sein. Zu beachten ist allerdings, dass es immer eine notwendige Rechtsgrundlage geben muss. Diese Rechtsgrundlage ist über eine der Bedingungen des Art. 6 Abs. 1 DSGVO möglich. Allerdings stützt die Rechtsgrundlage nur die Verarbeitung an sich und nicht die Wahl der Art und Weise der Verarbeitung. Verbrauchswerte werden in der Regel von Messdienstleistern bei einer Auftragsverarbeitung (Art. 28 DSGVO) erhoben und verarbeitet. Die Rechtsgrundlage hierfür ist weiterhin die Erfüllung des Mietvertrags gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO. Die monatliche Bereitstellung der monatlichen Verbrauchswerte beruht auf einer gesetzlichen Vorgabe aus der Heizkostenverordnung, sodass auch
Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO in Betracht kommt. Aber der
Reihe nach.

Messdienstleister = Auftragsverarbeiter = kein Dritter

Gemäß Art. 4 Nr. 10 DSGVO wird der Auftragsverarbeiter nicht als Dritter, sondern als der verlängerte Arm des Verantwortlichen angesehen (vgl. LfD Niedersachsen FAQ „Auftragsverarbeitung nach Art. 28 DSGVO“). Durch diese Privilegierung (vgl. Spoerr BeckOK Datenschutzrecht, Wolff/Brink 38. Edition Stand 1. November 2021 Rn. 30) ist eine Verarbeitung auf Grundlage des berechtigten Interesses möglich. Als notwendige Rechtsgrundlage könnte der WEG-Verwalter die Datenweitergabe aufgrund der
Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO
legitimieren; eine gesonderte Einwilligung gemäß
Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO wäre nicht notwendig. Allerdings erfordert die Interessenabwägung eine umfangreiche und aussagekräftige Dokumentation, dass die Datenweitergabe legitimiert und eben zulässig ist. Gleichzeitig bedingt die Heranziehung dieser Rechtsgrundlage ein ausgewogenes und übersichtliches Datenschutzniveau.

Einwilligung als Rettungsanker?

Behörden legen die „Erforderlichkeit“ zum Teil sehr eng aus. So ist beispielsweise die Weitergabe der Kontaktdaten der Mieter an Handwerker oft nur über eine Einwilligung möglich. Eine Parallele kann also durchaus gezogen werden. Im Umkehrschluss erscheint dann die Einwilligung zur Weitergabe von etwaigen E-Mail-Adressen des jeweiligen Mieters als annehmbare Rechtsgrundlage, da der Mieter selbst zustimmen muss, dass seine Daten weitergegeben werden. Im Klartext: WEG-Verwalter, die ein ausgewogenes Datenschutzniveau vorweisen können, sollten immer das berechtigte Interesse (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) als Rechtsgrundlage zur Weitergabe der E-Mail-Adresse heranziehen können. Alle anderen sollten wenigstens die Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO) in Erwägung ziehen. Ein zum Beispiel alleiniger vorhandener Vertrag zur Auftragsverarbeitung (AVV) mit dem Dienstleister, aber trotzdem ohne entsprechendes Datenschutzniveau des Hausverwalters, wird unweigerlich durch Behörden als unzulässige Datenweitergabe angesehen werden.

Transparenz über die Weitergabe der E-Mail-Adresse

Durch eine entsprechende Transparenz ist die Weitergabe der E-Mail-Adresse zur Übersendung einer Einladung für Webportal, App oder direkte Kommunikation möglich. Wichtig ist die proaktive und transparente Darstellung der Datenwege, um eine negative Überraschung beim Betroffenen zu vermeiden. Wenn der Betroffene „vernünftigerweise“ mit der Übersendung seiner E-Mail-Adresse an einen Auftragsverarbeiter rechnen kann, dürfte die datenschutzrechtliche Angriffsfläche stark minimiert werden. Der datenschutzrechtliche Transparenzgrundsatz soll es dem Betroffenen ermöglichen, die Verarbeitung seiner Daten stets nachzuvollziehen. Damit ist gemeint, dass jegliche Information über die Verarbeitung personenbezogener Daten in einer leicht zugänglichen, verständlichen Form und in klarer und einfacher Sprache zur Verfügung gestellt wird.

Informationspflichten gemäß Art. 13 DSGVO

Die meisten Mietverträge dürften keine entsprechenden Informationen oder Klauseln enthalten, weil sie zum Teil schon vor dem Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (25. Mai 2018) geschlossen wurden. Die Verarbeitung einer E-Mail-Adresse war bei alten Mietverträgen schlichtweg zu Zwecken der Erfüllung gesetzlicher Pflichten nicht vorgesehen. Daher die Zweckänderung. Im Umkehrschluss heißt das: Werden Daten aus dem Mietvertrag zu anderen Zwecken verarbeitet, als den, für den sie ursprünglich gespeichert wurden, sind Mieter daher nach Art. 13 DSGVO über die Weitergabe ihrer Daten entsprechend zu informieren. Am besten informiert entweder der Verwalter oder der Messdienstleister. Nur sollte zwischen beiden festgelegt werden, wer die Informationen vornimmt. Ich sehe eigentlich den Verwalter in der Pflicht. Bei der Erstellung dieser Informationspflichten hilft beispielsweise ein Datenschutzbeauftragter.

Fazit

Als Mietverwalter können Sie die E-Mail-Adresse ohne Einwilligung nutzen, um die Verbrauchsinformationen an die bekannte E-Mail-Adresse des Mieters zu übersenden. Aber eben nur, wenn vorher bereits über E-Mail korrespondiert wurde. Als WEG-Verwalter können Sie unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls die Verbrauchsinformationen an die bekannte E-Mail-Adresse des Mieters übersenden. In beiden Fällen ist jedoch eine Rechtsgrundlage gemäß Art. 6 DSGVO notwendig. Des Weiteren muss hierfür eine entsprechende datenschutzrechtliche Dokumentation (Dokumentation zur Abwägung, dass das berechtigte Interesse des Verwalters gegenüber dem Mieter überwiegt) und auch ein datenschutzrechtliches Niveau beim Verantwortlichen vorherrschen. Ist dies nicht der Fall, könnte dies bei einer Beschwerde zum Beispiel ein Bußgeld bedeuten.

Die Transparenz ist entscheidend. Je klarer der Mieter die Weitergabe seiner Daten absehen kann – man spricht hier von „Branchenübungen“ (vgl. Plath DSGVO/BDSG Kommentar Art. 6 DSGVO Rn 57) –, desto einfacher wird es sein, datenschutzrechtlich sauber und zulässig zu arbeiten. Je besser der Mieter Bescheid weiß, desto weniger wird er klagen und desto geringer ist die datenschutzrechtliche Angriffsfläche. Eigentlich ganz einfach.

Reinhold Okon
dsb-okon.de

Reinhold Okon ist zertifizierter Datenschutzbeauftragter und hat sich auf den Datenschutz in der Haus- und Immobilienverwaltung spezialisiert.

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