Wer zahlt den hydraulischen Abgleich beim Wärmecontracting?

Der Gesetzgeber hat zur Energiekrise im Jahr 2022 zahlreiche neue Rechtsvorschriften erlassen, darunter die sogenannte Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSimiMaV). Diese Rechtsverordnung enthält in § 2 und § 3 Optimierungspflichten für Gebäudeeigentümer, die Heizungsanlagen mit Erdgas betreiben. Doch wer ist dafür verantwortlich, wenn diese Heizung von einem Dritten über ein sogenanntes Wärmecontracting betrieben wird?

In § 2 Abs. 1 EnSimiMaV ist geregelt, dass der Eigentümer eines Gebäudes, in dem Anlagen zur Wärmeerzeugung durch Erdgas genutzt werden, verpflichtet ist, die Heizung zu prüfen und danach entsprechend optimieren zu lassen. Als eine dieser möglichen Maßnahmen ist dabei in 
§ 2 Abs. 1 Nr. 2 der sogenannte hydraulische Abgleich 
aufgeführt, der dann in § 3 EnSimiMaV näher geregelt ist.

Was bedeutet hydraulischer Abgleich?

Bei einem hydraulischen Abgleich werden kurz gesagt die Komponenten der Heizungsanlage wie Heizkörper, Thermostatventile, Pumpen und Leitungen möglichst optimal aufeinander abgestimmt. Für jeden Raum wird dabei die erforderliche Heizleistung berechnet, die Heizkörper werden passend eingestellt und im Heizsystem notwendige Einstellungen vorgenommen. Ziel ist die Effizienz der gesamten Anlage zu steigern. Die Kosten dafür können im Einzelfall nicht unerheblich sein.

Welche Gebäude sind von der Pflicht zum hydraulischen Abgleich betroffen und welche Umsetzungsfristen gelten?

Nach § 3 EnSimiMaV sind Gaszentralheizungssysteme hydraulisch abzugleichen in Nichtwohngebäuden im Anwendungsbereich des Gebäudeenergiegesetzes ab 1.000 Quadratmeter beheizter Fläche oder in Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten. Es gilt eine Umsetzungsfrist bis zum 30. September 2023. Weiterhin von der Pflicht betroffen sind Wohngebäude mit mindestens sechs Wohneinheiten mit einer Umsetzungsfrist bis zum 15. September 2024.

Eine Befreiung von dieser Pflicht besteht nur, wenn das Heizsystem in der aktuellen Konfiguration bereits hydraulisch abgeglichen wurde oder innerhalb von sechs Monaten nach dem jeweiligen Stichtag der Umsetzungsfrist ein Heizungstausch oder eine Wärmedämmung von mindestens 50 Prozent der wärmeübertragenden Umfassungsfläche des Gebäudes bevorsteht oder das Gebäude innerhalb von sechs Monaten nach dem jeweiligen Stichtag umgenutzt oder stillgelegt werden soll.

Was gilt beim Wärmecontracting?

Beim Wärmecontracting besteht die Besonderheit, dass die Heizungsanlage nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers, sondern eines Dritten steht, der darin die Wärme erzeugt und gegen Entgelt auf Basis eines Wärmelieferungsvertrags bereitstellt und liefert.

Für diese in der Praxis häufig anzutreffende Konstellation der Nahwärmelieferung enthält § 2 Abs. 1 Satz 2 EnSimiMaV
die zusätzliche Bestimmung, dass neben dem Gebäudeeigentümer auch der Dritte, also der Wärmecontractor, zur Erfüllung der Anforderungen nach Satz 1 (Heizungsprüfung und Optimierung) verpflichtet ist.

Diese gesetzliche Festlegung führt nicht dazu, dass der Gebäudeeigentümer von seiner Pflicht frei wird und diese auf den Wärmecontractor übergeht; vielmehr sind beide nebeneinander gleichermaßen gesetzlich verpflichtet. Rechtlich stellt dies einen Fall der sogenannten Gesamtschuldnerschaft dar. Gebäudeeigentümer und Wärmecontractor müssen also gemeinsam die gesetzlichen Optimierungspflichten inklusive hydraulischem Abgleich einhalten. Dabei besteht in der Praxis also Abstimmungsbedarf, vor allem da vielen Wärmecontractoren diese (Mit-)Verpflichtung unbekannt sein könnte.

Wer trägt die Kosten bei gemeinsamer gesetzlicher Verantwortung?

Die interne Kostenaufteilung und anteilige Kostentragungspflicht bei gemeinsamer Verantwortung von Gebäudeeigentümer und Wärmecontractor im Fall einer gemeinsamen Verantwortlichkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 2 EnSimiMaV hängt zunächst davon ab, ob der bestehende Vertrag über das Wärmecontracting dazu eine ausdrückliche vertragliche Regelung enthält oder zumindest dazu auslegungsfähig ist. Der erste Schritt besteht also immer in einer kurzen Vertragsprüfung.

Führt diese mangels konkreter vertraglicher Regelung zu keinem Ergebnis, dürfte sich die Kostenaufteilung nach den Regelungen für die Gesamtschuld in § 426 BGB richten. Die Gesamtschuldner sind danach im Rahmen eines sogenannten Gesamtschuldnerinnenausgleichs im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen zur Kostentragung verpflichtet.

Was sollten Gebäudeeigentümer jetzt unternehmen?

Vor dem Hintergrund der kurzen Umsetzungsfristen in § 3 EnSimiMaV sollten sich Eigentümer frühzeitig mit ihrem Wärmelieferanten abstimmen bzw. diesen auf seine Mitverpflichtung hinweisen. Für die Frage der Kostenverteilung ist eine rechtliche Prüfung und Auslegung des bestehenden Wärmelieferungsvertrags erforderlich, wenn die Parteien nicht von sich aus bereits eine gütliche Einigung in dieser Frage finden.

Dr. Christian Dümke
re-rechtsanwaelte.de

Rechtsanwalt Dr. Christian Dümke ist auf die energierechtliche Beratung spezialisiert, hält regelmäßig Fachvorträge und ist Partner der Berliner Kanzlei re|Rechtsanwälte.
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