Die WEG als Stromerzeuger

Photovoltaikanlagen mit über 100 kWp – oder: Darf es ein bisschen mehr sein?

Seit dem 1. Januar 2023 hat die Finanzverwaltung durch Vereinfachungsregeln Photovoltaikanlagen zusätzlich schmackhaft gemacht. Nach vielen offenen Fragen zum Jahreswechsel folgte am 26. Januar 2023 der Entwurf eines Schreibens des Bundesfinanzministeriums, das am 27. Februar 2023 in endgültiger Fassung noch einmal zusätzlich für einige, teils überraschende Ergänzungen sorgte. Während die Vereinfachungsregeln für kleine Photovoltaikanlagen großzügig ausgelegt wurden, bedarf es bei Anlagen über 100 kWp eines genauen Blicks, welche steuerlichen Konsequenzen auf den Betreiber zukommen.

Nullsteuersatz bei Photovoltaikanlagen auch für Mehrfamilienhäuser

Auch Mehrfamilienhäuser und damit Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) profitieren nun vom Nullsteuersatz gemäß § 12 Abs. 3 UStG (abweichend zu meinen Ausführungen „Die WEG als Stromerzeuger“ im BVI-Magazin 1/2023). Wird ein Gebäude sowohl für begünstigte als auch nicht begünstigte Zwecke verwendet (zum Beispiel teilweise zu Wohnzwecken und teilweise zu gewerblichen Zwecken), entfällt auch hier die Umsatzsteuer auf die Lieferung der Photovoltaikanlage, falls die Nutzung zu Wohnzwecken nicht in den Hintergrund tritt. Eine Nutzung zu Wohnzwecken mit zehn Prozent der Fläche soll ausreichend sein. Damit wird seit 2023 einer WEG für die Lieferung einer Photovoltaikanlage auf das Hausdach regelmäßig keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt.

Vom Nullsteuersatz erfasst sind auch Speicher und notwendige Nebenleistungen des Lieferanten der Anlage wie Installationen oder Arbeiten am Dach, nicht jedoch laufende Servicearbeiten wie Pflege und Wartung.

Die WEG als umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer

Da die WEG keinen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Photovoltaikanlage braucht, sollte sie auch weiterhin die Vorteile als umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer nutzen. Voraussetzung ist, dass die Summe ihrer Einnahmen nicht über 22.000 Euro liegt (§ 19 UStG). Dazu zählen neben Einspeisevergütung für den produzierten Strom auch der an Mieter oder Eigentümer gelieferte Strom zum Netto-Abrechnungspreis, jedoch nicht der Eigenverbrauch der WEG (vor allem für Allgemeinstrom).

Wichtig dabei ist, dass bei der Prüfung der Grenze alle Einnahmen der WEG aus unternehmerischer Tätigkeit zu berücksichtigen sind, also zum Beispiel auch Einnahmen aus Dachflächen- oder Parkplatzvermietung.

WEG mit Einnahmen über 22.000 Euro

Ist die WEG kein Kleinunternehmer, muss sie aus der Einspeisevergütung und dem verkauften Strom, ebenso wie aus eventuell noch zusätzlich erzielten steuerpflichtigen Einnahmen, die Umsatzsteuer abführen. Der Netzbetreiber wird die gesetzliche Einspeisevergütung bei entsprechendem Antrag zuzüglich Umsatzsteuer vergüten.

Der Eigenverbrauch der WEG bleibt jedoch aufgrund des Nullsteuersatzes bei der Anschaffung der Anlage steuerfrei (§ 3 Abs. 1b S. 2 i. V. m. § 12 Abs. 3 UStG), was für die privaten Bewohner ein zusätzlicher wirtschaftlicher Vorteil ist. Im Gegenzug gewinnt die WEG aus den Kosten im Zusammenhang mit den umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen den Vorsteuerabzug, zum Beispiel aus den laufenden Wartungsarbeiten. Die Konsequenz ist jedoch die mindestens jährliche Abgabe einer Umsatzsteuererklärung durch die Hausverwaltung oder deren Steuerberater.

Was passiert in der Einkommensteuererklärung der Eigentümer?

Unabhängig von der Umsatzsteuer sind die Konsequenzen für die Einkommensteuer zu prüfen. Die Vereinfachungen dazu gelten rückwirkend bereits von 2022 an.

Unbeachtlich ist das Ergebnis der Photovoltaikan
lage grundsätzlich nur, wenn die Anlage über maximal 
15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit und insgesamt 
über maximal 100 kWp verfügt (§ 3 Nr. 72 EStG). Maßgeblich ist die Bruttonennleistung laut Marktstammdaten
register.

Die 100-kWp-Grenze ist je Gemeinschaft (also für die WEG) und je Steuerpflichtigem (also Eigentümer) einzuhalten. Nur dann bleibt das Ergebnis der Photovoltaikanlage in den Einkommensteuererklärungen des Eigentümers ohne Berücksichtigung und die WEG muss nichts weiter erklären.

Überschreitet ein Eigentümer jedoch mit der Summe seiner Photovoltaikanlagen die 100-kWp-Grenze, besteht für ihn Erklärungspflicht in seiner Einkommensteuererklärung für alle seine Photovoltaikanlagen. Für die anderen Eigentümer der WEG bleibt die Anlage jedoch einkommensteuerfrei.

Photovoltaikanlage einer WEG mit mehr als 100 kWp?

Eine WEG mit einer Photovoltaikanlage über 100 kWp 
Bruttonennleistung muss deren steuerliches Ergebnis zuerst in deren Gesamtheit ermitteln. Dazu sind von den Einnahmen aus Stromverkauf, Einspeisevergütung und Eigenverbrauch sämtliche Kosten wie Zinsen, Wartung und Reparatur sowie die Abschreibung der Anschaffungskosten der Anlage (verteilt auf 20 Jahre) abzuziehen. Das so ermittelte Ergebnis ist auf die Eigentümer nach ihrem Anteil zu verteilen.

Das steuerliche Ergebnis wäre zusätzlich in einer gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung beim Finanzamt zu erklären. Das Finanzamt erhält hierdurch nicht nur das Ergebnis und dessen Ermittlung, sondern auch die notwendigen Daten aller Eigentümer und deren Anteil. Der Vorteil für die Eigentümer ist, dass das Finanzamt bei deren Einkommensteuerveranlagung das Ergebnis automatisch berücksichtigt.

Muss ein Eigentümer bisher keine Einkommensteuererklärung abgeben, bleibt es dabei, falls sein Gewinnanteil unter 410 Euro liegt (§ 46 Abs. 3 EStG) und er nicht aufgrund anderer Einkünfte zu einer Abgabe verpflichtet ist.

Fazit für den Hausverwalter

Die Hausverwaltung ermittelt zur Information der Eigentümer in vielen Fällen ohnehin das Ergebnis der Photovoltaikanlage bis auf den Abzug der Abschreibung. Erzielt die WEG womöglich bereits zusätzliche Einnahmen, zum Beispiel aus eigener Vermietungstätigkeit, wäre eine gesonderte Gewinnfeststellung bereits in der Vergangenheit vorgeschrieben gewesen. Da für alle Einkünfte gemeinsam nur eine Gewinnfeststellung vorgeschrieben ist, besteht zusätzlich die Chance, die WEG für die Zukunft steuerlich korrekt zu organisieren.

Marcus Metz
WEG-Steuerberatung.de

MARCUS METZ ist Steuerberater und Geschäftsführer der WEG Steuerberatung GmbH. Er absolvierte sein Betriebswirtschaftsstudium in der Fachrichtung Bank und wurde 2002 zum Steuerberater bestellt. Marcus Metz ist Spezialist für Immobiliengesellschaften und große Wohnungseigentümergemeinschaften.