Materialknappheit bei Baustoffen – Zeichen globaler Lieferströme

Massive Preisanstiege bei vielen Baustoffen und Lieferengpässe

Eine paradoxe Situation: Die Auftragsbücher vieler Bauunternehmen sind gut gefüllt, und dennoch sind die konjunkturellen Aussichten am Bau eingetrübt. Nie zuvor hat es bei so vielen Baustoffen eine derart heftige Preisentwicklung gegeben. Zu dem massiven Anstieg der Preise kommen Lieferengpässe hinzu, die vor allem Holz, Kunststoffe und Stahl betreffen – alles Produkte, die für die Bauwirtschaft von größter Bedeutung sind.

Unter den zahlreichen Baustoffen, die von Preissteigerungen betroffen sind, machen uns insbesondere die Entwicklungen bei Kunststoffen große Sorgen, weil Kunststoffe in so vielen und unterschiedlichen Bereichen auf dem Bau zum Einsatz kommen. Wir benötigen Kunststoffrohre in vielfältiger Weise, zum Beispiel beim Straßen- und Brückenbau, zur Entwässerung, für Dämmmaterialien, für verschiedenste Folien und vieles mehr. Aber auch bei Holz haben wir zu Beginn des Jahres bis in das zweite Quartal Verknappungen und Preissteigerungen im Einkauf gesehen. Probleme bei Stahl und Metallen strahlen mittlerweile in viele Bereiche aus – ob bei Verbindungselementen, Bauteilen im Elektrohandwerk bis hin zum Metallbau.

Baustoffe werden international gehandelt

Die Gründe für diese Entwicklung lassen erkennen, wie global vernetzt die Lieferketten auf dem Baustoffmarkt sind. Die Ursachen sind generell in der Corona-Pandemie begründet, die mit dem Wiedererstarken der Volkswirtschaften in den USA und in China die internationalen Lieferketten durcheinandergewirbelt hat.

Im Einzelnen hat die Knappheit der Baumaterialien unterschiedliche Gründe. Für die Engpässe auf dem Holzmarkt kann man sagen, dass Kanada als natürlicher Holzlieferant der USA aufgrund älterer Steuerstreitigkeiten weniger exportiert. Auch die Waldbrände in den USA tragen dazu bei, dass in Kalifornien jetzt mit deutschem Holz gebaut wird. Zudem kauft China verstärkt deutsches Rundholz.

Wenn wir auf die Situation bei den Kunststoffen blicken:  60 Prozent der Kunststoffprodukte gehen in die Bauwirtschaft und 50 Prozent der Produktionskapazitäten liegen in Asien. Diese Kapazitäten wurden erst im 3. Quartal 2020 wieder hochgefahren. Hinzu kommt, dass Handelsströme teilweise  in die neue große asiatische Freihandelszone umgeleitet werden. Außerdem sind große Industrieanlagen in den USA wegen des Wintereinbruchs ausgefallen.

Stärkerer Fokus auf den heimischen Markt notwendig

Die Verfügbarkeit von Baumaterialien und die Preissteigerungen sind also ein ernstes Problem. Was kann nun getan werden, um die angespannte Lage abzumildern? In erster Linie müssen hier Angebot und Nachfrage schnell wieder ins Gleichgewicht kommen. Das ist bei den global gehandelten Grundprodukten für Baustoffe wie Erdöl und Stahl entsprechend ein globales und nicht nur deutsches Problem und Thema.

Um solche Krisen künftig zu vermeiden – und dabei auch Klima und Umwelt zu schonen –, müssen wir uns bei den Baustoffen künftig verstärkt auf den heimischen Markt konzentrieren. Wir haben genügend eigene Produkte wie zum Beispiel Sand, Kies und Gips im Boden, bei denen wir nicht von Importen abhängig sein müssen und mit denen wir bauen können. Das gilt genauso für Holz: Das Holz, das wir in Europa verbauen, kommt zu einem großen Teil aus Deutschland. Um diese Ressource schneller verfügbar zu haben, hat das Bundeswirtschaftsministerium richtigerweise eine Aufhebung der Beschränkungen beim Holzeinschlag verabschiedet. Insgesamt brauchen wir aber eine angepasste Rohstoffstrategie der Bundesregierung.

Umgang mit Preissteigerungen

Wann sich die Situation entspannt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Bei Stahl etwa haben wir es schon immer mit einer volatilen Entwicklung zu tun. In der Regel kämpfen wir eher mit einer Über- statt mit der aktuellen Unterproduktion, daher kann sich das Angebot wieder auf das Niveau von 2019 einpendeln, als genügend Stahl vorhanden war. Bei den Kunststoffen dagegen lässt sich nur spekulieren, wann eine Entspannung eintritt: Die Lieferprobleme sollten sich zum Ende des Jahres entspannen. Bei den Preisen wird sich grundsätzlich ein gegenüber 2019 eher hohes Niveau etablieren.

Zur Wahrheit gehört natürlich auch: Die Materialpreise machen das Bauen teurer. Der Bauunternehmer, der heute baut, hat vielleicht im vergangenen Herbst kalkuliert und dann im Frühjahr mit dem Bau angefangen. Jetzt auf einmal muss er für das Material viel mehr bezahlen, als er kalkuliert hat. Für zukünftige Bauprojekte ergeben sich daraus ebenfalls Konsequenzen. Bei Produkten, bei denen Bauunternehmen davon ausgehen, dass die Preise noch weiter steigen werden – etwa bei bestimmten Verbindungselementen –, kalkulieren sie auch mit einem Aufschlag auf den derzeitigen Preis. Bei Stahl und Holz, wo der Höhepunkt wahrscheinlich erreicht ist, rechnet man mit den aktuellen Preisen. Eine offene und problembewusste Kommunikation bei Vertragsabschluss ist für Bauherren daher angeraten.

Felix Pakleppa
Hauptgeschäftsführer
Zentralverband des
Deutschen Baugewerbes e. V.
www.zdb.de

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